Führerschein-Check für Senioren sollte kommen
Mediziner und Unfallforscher befürworten regelmäßige Kontrollen. Ab 70 Jahren mehr Demenzerkrankungen.
Düsseldorf. Für Andrej Zeyfang ist der Fall klar. „Ich halte die regelmäßige Überprüfung der Fahrtauglichkeit von Menschen ab einem Alter von 70 Jahren für richtig und angemessen“, sagt der Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Geriatrie am Agaplesion Bethesda Krankenhaus in Stuttgart.
„Die Statistik zeigt, dass von diesem Alter an besonders häufig Demenzerkrankungen auftreten“, so Zeyfang. Deren Anzeichen versuchten die Betroffenen zu verheimlichen und zu kompensieren. In vielen Ländern Europas gebe es solche Untersuchungen für ältere Autofahrer.
Zeyfang darf sich nicht mal an die Polizei wenden, wenn er bei einem Patienten, der noch selbst fährt, Demenz feststellt. „Ich muss mich an meine ärztliche Schweigepflicht halten.“
Siegfried Brockmann befürwortet ebenfalls den Führerschein-Check für Senioren. Er leitet die Unfallforschung der deutschen Versicherungswirtschaft. „Wir steuern auf ein echtes Problem zu, weil der Anteil mobiler Senioren dramatisch zunehmen wird“, sagt Brockmann. „Schon heute tragen drei Viertel der Unfallbeteiligten ab 75 Jahren die Hauptschuld am Unfall“, so der Experte.
Einen ähnlich hohen Wert erreicht die Gruppe der 18- bis 24-jährigen Autofahrer, berichtet Brockmann. Aber die Ursachen seien völlig unterschiedlich. Die Jungen hätten eine große Risikoneigung. Oft komme es durch zu schnelles Fahren und falsches Überholen zu Unfällen.
Anders bei den Alten: „Sie sind erfahren, meiden das Risiko, fühlen sich aber schnell überfordert“, sagt Brockmann. Unfälle mit Senioren ereignen sich demnach vor allem an Kreuzungen und Einmündungen.
Brockmann fordert einen Praxistest, der für alle Senioren ab 75 Jahren verpflichtend sein sollte. Begleitet werden sie dabei von einem Fahrlehrer, der über die entsprechende Weiterbildung verfügt. „Am Ende steht eine Empfehlung. Ob der Fahrer seinen Führerschein abgibt, bleibt seine Entscheidung“, schlägt Brockmann vor.
Wie viele Senioren in Deutschland einen Führerschein haben, lässt sich nicht genau sagen. Ein zentrales Register wird erst seit 1999 geführt. Darin sind nur 33,7 von geschätzten 53 Millionen Führerscheininhabern erfasst. Klar ist allerdings, dass von den Pkw-Haltern in Deutschland Anfang dieses Jahres 3,2 Millionen 75 Jahre oder älter waren.
Gezählt wird beim Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg auch, wie viele Autofahrer ihren Führerschein freiwillig zurückgeben. 2013 waren es wie in den Vorjahren lediglich knapp 24 000.