Bundesverfassungsgericht Höchste Richter wollen ihren guten Ruf nicht gefährden

Karlsruhe. Geht es um ihr Vertrauen in Institutionen, dann rangiert bei den Deutschen das Bundesverfassungsgericht sehr weit oben, knapp hinter der Polizei. Und doch scheinen die 16 Richter (derzeit neun Männer und sieben Frauen) besorgt darum, dass das auch so bleibt.

Die Richter und Richterinnen des Bundesverfassungsgerichtes gehen in Sachen "Verhaltenskodex" mit gutem Beispiel voran.

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Die Hüter der Grundrechte haben sich erstmals „Verhaltensleitlinien“ gegeben — für die Zeit während und nach dem Ende ihrer Amtszeit. Nun sind Richter schon von Gesetzes wegen zur Mäßigung verpflichtet. So heißt es in § 39 Richtergesetz: „Der Richter hat sich innerhalb und außerhalb seines Amtes, auch bei politischer Betätigung, so zu verhalten, dass das Vertrauen in seine Unabhängigkeit nicht gefährdet wird.“

Nicht immer gelingt das, wie ein Fall zeigt, der Anfang 2016 für Aufsehen sorgte. Ein Strafrichter hatte im öffentlich zugänglichen Bereich seines Facebook-Accounts ein Foto von sich gezeigt, mit Bierglas in der Hand und einem T-Shirt, auf dem stand: „Wir geben Ihrer Zukunft ein Zuhause: JVA“. Das Kürzel für Justizvollzuganstalt also. Ein reichlich misslungener Spaß, vor allem aus Sicht der von dem Richter verurteilten Angeklagten. In dem Fall erklärte der Bundesgerichtshof den Kollegen für befangen.

Diese Selbstreinigungskraft der Justiz kann da nicht funktionieren, wo es um die oberste Instanz geht. Über dem Bundesverfassungsgericht gibt es kein Korrektiv. Da wölbt sich nur noch der blaue Himmel, lautet eine Juristenweisheit. Doch auch die höchsten Richter sind Menschen, nicht immun gegen finanzielle Verlockungen. Die frühere

Verfassungsrichterin Christine Hohmann-Dennhardt heuerte nach ihrer Richterkarriere bei VW an und verabschiedete sich nach nur 13 Monaten Vorstandstätigkeit mit einer Abfindung von zwölf Millionen Euro. Der ehemalige

Verfassungsgerichtspräsident Hans Jürgen Papier machte mit pointierten öffentlichen Äußerungen, aber auch mit einem Gutachten für die Bundesregierung von sich reden, in dem es um die Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken ging. Die Bundesregierung zahlte für seine Expertise und die eines Kollegen zusammen knapp 45 000 Euro. Wer nebenher Geld verdient, soll dies offenlegen

Im Interesse des eigenen Ansehens will das höchste deutsche Gericht sich in solchen Fragen nun selbst Fesseln anlegen. So heißt es in den neuen Leitlinien, dass die Richter für Vorträge, für die Mitwirkung an Veranstaltungen und für Publikationen eine Vergütung „nur und nur insoweit entgegennehmen, als dies das Ansehen des Gerichts nicht beeinträchtigen und keine Zweifel an der Unabhängigkeit, Unparteilichkeit, Neutralität und Integrität seiner Mitglieder begründen kann“. Und: so erzielte Einkünfte sollen sie offenlegen.

Nach Ende ihrer Amtszeit sollen die Richter nicht in Rechtssachen tätig werden, die während ihrer Amtszeit beim Bundesverfassungsgericht anhängig waren oder die in unmittelbarem Zusammenhang damit stehen. Die Richter übernehmen in Sachgebieten ihres Dezernats im ersten Jahr nach ihrem Ausscheiden keine Beratungstätigkeit, erstatten keine Gutachten und treten nicht vor Gericht auf. Der Eindruck einer unangemessenen Verwertung internen Wissens soll vermieden werden.

Sanktionen sind in den Verhaltensleitlinien freilich nicht geregelt. Butterweich heißt es nur im letzten Satz: „Jedes Mitglied hat das Recht, die Einhaltung und Anwendung der Verhaltensleitlinien zur Sprache zu bringen.“ Insofern gilt sie weiter, die alte Weisheit, dass sich über dem Bundesverfassungsgericht nur noch der blaue Himmel wölbt.