200 Milliarden für Familien

Aktuell gibt es 156 Maßnahmen zur Förderung. Die Regierung sieht kaum Anlass für Änderungen.

Berlin. Gut vier Jahre lang hat die Bundesregierung das Dickicht der familienpolitischen Leistungen von Experten durchforsten lassen. Das Ergebnis: Im Prinzip kann alles so bleiben wie gehabt.

„Die Familienpolitik ist im Wesentlichen richtig konzipiert und ausgesprochen erfolgreich“, betonten Bundesfamilienministerin Kristina Schröder und Kassenwart Wolfgang Schäuble (beide CDU) am Donnerstag bei der Vorstellung ihrer Bilanz in Berlin.

200,3 Milliarden Euro gibt der Staat pro Jahr für „ehe- und familienbezogene“ Leistungen aus. Das sind rund fünf Prozent der gesamten Wirtschaftskraft. Unter dem Strich kommen aktuell 156 Einzelmaßnahmen zusammen — vom Kindergeld über den Kinderzuschlag bis zum Freibetrag für Alleinerziehende.

Streng genommen werden aber nur 125,5 Milliarden Euro für Familien verausgabt. Die restlichen knapp 75 Milliarden Euro entfallen zum größten Teil auf Witwenrenten (38 Milliarden) sowie das Ehegattensplittung (20 Milliarden), von dem bekanntlich auch Paare mit Trauschein profitieren, die keine Kinder haben. Das will die Union nun zu einem Familiensplitting weiterentwicklen (siehe Kasten).

In den vergangenen Jahren hatte es immer wieder Kritik an der Fülle der Maßnahmen und ihrer Effizienz gegeben. So sorgte im Februar ein interner Zwischenbericht der von der Regierung beauftragten Forschungsinstitute für Zündstoff. Darin wurde vieles als kaum nutzbringend kritisiert und empfohlen, die Milliardensummen vorrangig in den Ausbau von Kinderbetreuung und Bildung zu investieren.

Im am Donnerstag veröffentlichten Papier des Bundesfamilienministeriums war davon allerdings nichts zu lesen. Weder Schröder noch Schäuble halten es für notwendig, den Förder-Dschungel zu lichten. Nur bei sogenannten Schnittstellen sehen sie Nachbesserungsbedarf.

Als Beispiel nannte Schröder den Kinderzuschlag. Er verhindert bei Eltern das Abgleiten in Hartz IV, die ihren eigenen Lebensunterhalt erwirtschaften können, aber nicht den ihrer Kinder. Die Prüfung habe nun ergeben, dass der Kinderzuschlag beim Überschreiten einer bestimmten Einkommensgrenze „schlagartig abbricht“, erläuterte Schröder. Diese Ungerechtigkeit lasse sich durch eine „Glättung der Abbruchkante“ beseitigen.

Nach Einschätzung der Ministerin haben sich die familienpolitischen Leistungen unter dem Strich aber bestens bewährt, um Armut zu verhindern. Allein durch den sogenannten Unterhaltsvorschuss würden 31 000 Alleinerziehende vor dem Bezug von Hartz IV bewahrt.

Schröder machte allerdings auch deutlich, dass das Kindeswohl ausschließlich von der familiären Atmosphäre geprägt wird: „Wenn die Eltern den Kindern täglich vorlesen, vorsingen oder mit den Kindern malen oder basteln, sind die negativen Effekte von familiärem ökonomischem Druck auf die Kinder wissenschaftlich nicht feststellbar.“ Im Klartext: Ob eine Familie arm oder reich ist, tut demnach nichts zur Sache.