Berlin Adventssingen im Bundestag: Didi Hallervorden warnt Erdogan

Eigentlich geht es beim Adventssingen im Bundestag um vorweihnachtliche Stimmung. Im Mittelpunkt stand in diesem Jahr aber der Kabarettist Didi Hallervorden und sein Text an den türkischen Präsidenten Erdogan.

er Schauspieler, Komiker und Kabarettist Dieter "Didi" Hallervorden beim Adventssingen.

Foto: Kay Nietfeld

Berlin. „Terrorist“, „Diktator“ - der Kabarettist Didi Hallervorden hatte in der Vergangenheit provokante Worte für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan übrig. Beim Adventssingen im Bundestag wünschte er ihm nun aber „aus voller Seele, von ganzem Herzen ein langes und gesundes Leben bei großer geistiger Frische“. Denn so könne Erdogan auch im hohen Alter noch lesen, was über ihn in den Geschichtsbüchern stehe. „Und ich glaube, es wird alles andere als schmeichelhaft sein“, sagte der 81 Jahre alte Komiker.

Viel wurde vor dem Auftritt Hallervordens beim Adventssingen gemunkelt. In einer Debatte um Satirefreiheit hatte er im April dieses Jahres den türkischen Präsidenten in einem Lied angegriffen. In „Erdogan, zeig' mich an“, hieß es etwa: „Ich sing' einfach, was Du bist. Ein Terrorist, der auf freien Geist scheißt.“ In der Vorweihnachtszeit wählte Hallervorden nun ruhigere Töne. „Man muss immer sehen, was steht in welchem Verhältnis zu welchem Anlass.“

Beim Adventssingen treffen sich traditionell Abgeordnete aus allen Fraktionen, Angestellte des Bundestags und ihre Familien in der letzten Sitzungswoche des Jahres. „Meine Solidaritätsadresse war ja quasi eine Ausnahmeerscheinung“, sagte Hallervorden.

In einem anderen Rahmen würde er sich aber anders über Erdogan ausdrücken, erklärte Hallervorden. „Herr Präsident, sorgen Sie dafür, dass Ihre derzeitige Politik nur eine Episode in den Geschichtsbüchern bleibt“, appellierte er in seiner „Solidaritätsadresse an die in der Türkei verfolgten und inhaftierten Abgeordneten, Künstler, Wissenschaftler und Journalisten“ vor etwa 200 Zuhörern im Paul-Löbe-Haus. Hallervorden warnte den türkischen Präsidenten vor der Idee, die Todesstrafe wieder einzuführen. „Wenn das Ruder irgendwann mal umschlägt, wird nämlich er von ihr bedroht sein.“

Die Türkei und vor allem auch der Krieg in Syrien standen zuvor auch im Mittelpunkt der Ansprache von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU). „Wir singen heute Nachmittag gegen die Verhältnisse an.“ Die Bilder aus der umkämpften syrischen Stadt Aleppo machten es jedoch schwer, adventliche Stimmung zuzulassen. „Das, was uns das Jahr hindurch begleitet hat, ist völlig ungeeignet, die gemütliche Atmosphäre zu verbreiten, die man zu Weihnachten gerne hätte.“

Auch die Ereignisse in der Türkei hätten dieses Jahr besonders geprägt, so Lammert. „Dazu gehört auch die Erfahrung von zwei aufeinanderfolgenden Putschen.“ Für das kommende Jahr fand Lammert wenig zuversichtliche Worte: „Zu Beginn des Jahres werden wir es vermutlich mit den gleichen Themen zu tun haben.“

Trotz der etwas düsteren Prognose wurde dann doch „O du Fröhliche“ gesungen, außerdem „O Tannenbaum“ und „Es ist ein Ros entsprungen“. Begleitet von einem Posaunenchor. Allerdings war da schon ein Teil der Zuhörer gegangen. Die „Attraktion“ des Abends war offenbar Hallervorden gewesen.