Alternative für Deutschland AfD wirbt um jüdische Stimmen - Gegen muslimische Zuwanderung

Wer in Deutschland mit antisemitischen Einstellungen auffällt, manövriert sich gesellschaftlich ins Aus. Dort will die AfD nicht stehen. Sie wirbt um bürgerliche Wähler - auch unter deutschen Juden.

Sie wirbt um bürgerliche Wähler - auch unter deutschen Juden.

Foto: Rainer Jensen

Berlin. Die AfD dient sich den Wählern als Partei gegen muslimische Zuwanderung an. Parteivize Alexander Gauland warnt mit Blick auf den Familiennachzug zu syrischen Flüchtlingen vor einem „Bevölkerungsaustausch“. Für Hetze gegen Juden ist in der AfD aber kein Platz - zumindest aus Sicht des Parteivorstandes. Im Gegenteil: AfD-Chefin Frauke Petry bezeichnet ihre Partei in einem „Welt“-Interview jetzt sogar als „Garanten jüdischen Lebens“.

Damit liegt die AfD voll auf der Linie des niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders. Der Chef der Partei für die Freiheit (PVV) wertet den Islam als „terroristische Ideologie“. Gleichzeitig betont er immer wieder seine große Liebe zum jüdischen Staat Israel. Petrys Ehemann, der nordrhein-westfälische AfD-Vorsitzende Marcus Pretzell, haut in die gleiche Kerbe. Bei dem von ihm organisierten Kongress der europäischen Rechtspopulisten in Koblenz im Januar bezeichnete er Israel als Vorbild für Europa „in der Form, wie man mit dem Islam umgeht“.

Wie passt das zusammen? Der Politologe und Wilders-Biograf Meindert Fennema erklärte vor der Niederlande-Wahl in einem Interview: „Die „Neue Rechte“ ist nicht gegen die Juden, sondern für die Juden. Nicht gegen Amerika, sondern für Amerika. Nicht gegen den Kapitalismus, sondern für den Kapitalismus.“ Die Parteien der „Neuen Rechten“ wissen, dass Antisemitismus Gift ist für alle, die ein bürgerliches Image anstreben. Dass sich die Chefin der rechtsextremen französischen Partei Front National (FN), Marine Le Pen, heute von ihrem Vater, FN-Gründer Jean-Marie Le Pen, distanziert, hat auch mit dessen antisemitischen Äußerungen zu tun.

Die AfD hat auch jüdische Mitglieder. Wie viele es genau sind, weiß Parteisprecher Christian Lüth nicht zu sagen. Er erklärt, die Religionszugehörigkeit werde bei der AfD nicht abgefragt. Die „Zeit“ berichtet in ihrer aktuellen Ausgabe unter Berufung auf jüdische Gemeindevertreter, die AfD werbe in jüdischen Seniorenheimen mit „einer antimuslimischen, hetzerischen Rhetorik“ um Stimmen und Mitglieder.

Dass Kritik an der israelischen Besatzung und auch antisemitische Positionen unter arabischen Muslimen in Deutschland etwas stärker verbreitet sind als in der Gesamtbevölkerung, steht wohl außer Zweifel. Schließlich ist die Erinnerung an den Holocaust, wie sie in deutschen Schulen vermittelt wird, in den arabischen Staaten nicht Teil des Lehrplans. Hinzu kommen die aus Sicht der arabischen Völker bitteren Erfahrungen der Nahost-Kriege. Trotzdem verfängt die Gemeinsam-gegen-den-Islam-Argumentation der AfD bei den Vertretern jüdischer Gemeinden und Verbände nicht.

Zwar warnt auch die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, vor einem extremen Hass auf Juden, „der bereits seit langem in der muslimischen Gemeinschaft hierzulande wuchert und von Hasspredigern aus dem In- und Ausland zusätzlich befeuert wird“. In gleichem Maße besorgniserregend ist aus ihrer Sicht aber „der Antisemitismus, der durch das Erstarken des Rechtspopulismus und -extremismus in ganz Europa eine neue Dimension der Massivität und Aggressivität angenommen hat“.

Der baden-württembergische AfD-Landtagsabgeordnete Wolfgang Gedeon wurde zwar im Juni 2016 wegen antisemitischer Äußerungen aus der Fraktion gedrängt. Über einen Antrag, Gedeon aus der Partei auszuschließen, hat das AfD-Bundesschiedsgericht aber noch nicht entschieden. Und dann ist da noch Björn Höcke. Der Thüringer AfD-Fraktionschef weist den Vorwurf des Antisemitismus zwar von sich. Der israelische Botschafter in Deutschland, Yakov Hadas-Handelsman, nahm jedoch trotzdem Anstoß an Höckes Dresdner Rede. Darin hatte dieser für Deutschland eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ gefordert. Kritik an Höcke äußerte damals auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster.