Altersarmut: Renten steigen viel langsamer als Löhne

Berlin (dpa) - Für die Bundesregierung ist schon lange klar: Wer im Alter mit dem Einkommen auskommen will, muss zusätzlich vorsorgen. Die gesetzliche Rente wird absehbar immer stärker von den Löhnen abgekoppelt.

Das führt zu einem sinkenden Rentenniveau, nicht zu sinkenden Renten.

Das Niveau der gesetzlichen Rente wird - gemessen an den Löhnen - bis zum Jahr 2025 um etwa zehn Prozent sinken. Während das aktuelle Rentenniveau bei 50,8 Prozent vor Steuern liegt, reduziert es sich bis zum Jahr 2025 auf 45,2 Prozent. Dies geht aus einer Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Anfrage der Linkspartei hervor. Das Schreiben, über das die „Passauer Neue Presse“ (Mittwoch) berichtete, liegt auch der dpa vor.

Das Sicherungsniveau vor Steuern beschreibt das Verhältnis zwischen der Rente, die ein Durchschnittsverdiener nach 45 Jahren erhält, und dem aktuellen Durchschnittseinkommen.

Nach Modellrechnungen geht das Ministerium davon aus, dass sich das Durchschnittseinkommen von aktuell 30 268 Euro auf 46 700 Euro im Jahr 2025 erhöht. Das ist eine Steigerung um 54 Prozent oder um mehr als die Hälfte. Bei den Renten wird im selben Zeitraum dagegen eine Steigerung um knapp 34 Prozent zugrunde gelegt. Sollte es so kommen, wird der Abstand zwischen Löhnen und Renten deutlich wachsen. Die zwangsläufige Folge: Das Rentenniveau sinkt.

Ein Ministeriumssprecher stellte klar: „Es geht nicht um ein Absenken der Rente, sondern um ein langsameres Ansteigen.“ Dafür sorgen Dämpfungsfaktoren in der Rentenberechnungsformel, die im Zuge der zurückliegenden Rentenreformen eingefügt wurden. Das Ministerium spricht daher von einem „planmäßigen Absinken“ des Rentenniveaus - und zwar bis auf 43 Prozent im Jahr 2030. Die Dämpfungsfaktoren wurden von früheren Bundesregierungen beschlossen, um die Rentenbeiträge für die Jüngeren bezahlbar zu halten.

Tatsächlich handelt es sich um keine neue Information. In den regelmäßig von der Regierung veröffentlichten Rentenberichten wird seit Jahren auf das sinkende Rentenniveau aufmerksam gemacht. Deshalb rät das Arbeitsministerium zur zusätzlichen Altersvorsorge mit der staatlich geförderten Riester-Rente. Knapp 15 Millionen Bundesbürger haben einen solchen Ansparvertrag geschlossen.

Linksparteichef Klaus Ernst erneuerte seine Forderung nach einer gesetzlichen Mindestrente: „Die Renten sind im freien Fall. Es muss eine verbindliche Untergrenze geben, die Altersarmut verhindert.“ Niemand dürfe im Alter weniger als 850 Euro im Monat haben, sagte er der „Passauer Neuen Presse“.

Über diese Forderung soll nach Darstellung des Arbeitsministeriums bei dem in der kommenden Woche beginnenden „Regierungsdialogs Rente“ zur Vermeidung von Altersarmut gesprochen werden. Der Sprecher ließ aber durchblicken, dass Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) von einer steuerfinanzierten Mindestrente wenig hält. Die Ministerin werde mit eigenen Konzepten und konkreten Vorstellungen in die Gespräche gehen. Derzeit gelten etwa 2,4 Prozent oder 400 000 Rentner als arm und sind auf staatliche Unterstützung angewiesen.

Um die Zunahme von Altersarmut zu vermeiden und „den Sinkflug der Renten zu stoppen“, forderte die Präsidentin der Sozialverbands VdK, Ulrike Mascher, die Abschlagsfaktoren in der Rentenformel zu streichen. Diese führten seit Jahren zu Nullrunden und Mini- Erhöhungen bei den Altersrenten. „Sie bewirken, dass die Rentenanpassung stets hinter einer positiven Lohn- und Gehaltsentwicklung zurückbleibt. Auch bei den Rentnern muss der Aufschwung wieder ankommen“, sagte Mascher.

Die FDP sprach sich auf ihrer Fraktionsklausur für eine Senkung des Rentenbeitragssatzes um mindestens 0,8 Prozentpunkte aus. Diese Entlastung könnte für etwa 100 000 neue Arbeitsplätze in Deutschland sorgen, sagte FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle in Bergisch Gladbach. Der DGB hatte eine solche Senkung strikt abgelehnt: Er will die gut gefüllten Rentenkassen stattdessen im Kampf gegen Altersarmut für bessere Rentenleistungen nutzen.