Analyse: Die Hochschulreform ist längst nicht am Ziel

Bachelor und Master sollten vieles einfacher machen. Doch in der Praxis gibt es Probleme.

Berlin. Hochschulreform ohne Ende: Auch zwölf Jahre nach dem Aus für das deutsche Diplom und der Einführung von Bachelor und Master sehen sich Rektoren wie Bildungspolitiker noch längst nicht am Ziel. Angesichts einer Wissensexplosion und wachsenden Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt sei es eine Daueraufgabe, Studieninhalte wie -strukturen ständig dem Wandel anzupassen, resümierte Kultusministerpräsident Bernd Althusmann (CDU) auf der Zweiten Nationalen Bologna-Konferenz in Berlin.

Als sich die Bildungsminister Europas und anderer Staaten 1999 im italienischen Bologna verpflichteten, ihr nationales Studiensystem auf die international bekannte, aufeinander aufbauende Bachelor- und Master-Struktur umzustellen, stand zunächst eine Vision im Vordergrund: der Traum von einem Studium ohne Grenzen und ohne lästigen Anerkennungsstreit um Zertifikate.

Vor einem Jahr gingen die Studenten gegen Leistungsdruck, Stoffüberfrachtung, Prüfungsdichte in den nur sechssemestrigen Bachelor-Studiengängen und die unklaren Arbeitsplatzperspektiven auf die Straße — und zwangen die Kultusminister zu Kurskorrekturen. Nun sollte eine erste Bilanz gezogen werden.

Rund 6000 Bachelor-Studiengänge gibt es derzeit an den Hochschulen, fast ebenso viele Angebote für Master-Studenten. Nach einer Übersicht der Kultusminister besteht derzeit nur für jeden vierten Masterplatz ein örtlicher Numerus Clausus. Sie folgern daraus, dass das Masterangebot zur Zeit noch ausreichend ist, halten aber Engpässe in den nächsten Jahren durchaus für möglich, wenn noch mehr Studenten den Bachelor-Titel erworben haben.

Massiv werben Wirtschaftsverbände, Bund und Länder dafür, dass der Großteil der jungen Menschen nach dem Bachelor-Abschluss zunächst ins Arbeitsleben geht — und sich vielleicht erst später wieder zur Hochschule zurückmeldet. Derzeit wechseln erst 16 Prozent der Bachelor-Absolventen aus dem Studium direkt in den Job. Die meisten möchten auch noch den Master-Titel erwerben. Denn trotz neuerer Studien halten sich die Zweifel an der Arbeitsmarkttauglichkeit des Bachelor-Abschlusses ohne ergänzendes Master-Zeugnis.

Für Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) soll es aber kein Zurück zu den alten deutschen Diplom-Studiengängen geben. Die Reform müsse weitergehen — ebenso auch das Werben für mehr Akzeptanz. Der Deutsche Hochschulverband, der die Interessen von 26 000 Uni-Professoren vertritt, bleibt hingegen skeptisch. Für ihn sind die neuen Studiengänge den Beweis ihrer Überlegenheit gegenüber Diplom und Magister schuldig geblieben.