Auch Amri-Kontaktleute in Haft Anti-Terror-Razzien gegen Islamisten
Berlin (dpa) - Knapp zwei Monate nach dem Weihnachtsmarkt-Anschlag von Berlin sind die Sicherheitsbehörden in mehreren Bundesländern massiv gegen islamistische Terrorverdächtige vorgegangen.
In Hessen nahm die Polizei einen 36 Jahre alten Tunesier fest, der für die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) einen Anschlag in Deutschland geplant haben soll. In Berlin wurden drei Islamisten verhaftet, von denen zwei Kontakt zum Berliner Attentäter Anis Amri gehabt haben sollen. Bei Nürnberg fasste die Polizei einen 31-Jährigen, der in Syrien Mitglied der Terrormiliz „Junud al-Sham“ (Soldaten Syriens) gewesen sein soll.
In Hessen richteten sich die Ermittlungen gegen 16 Verdächtige im Alter zwischen 16 und 46 Jahren. Sie sollen überwiegend Tunesier sein. In 13 Fällen geht es um den Vorwurf, eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet zu haben. Laut Generalstaatsanwaltschaft war die Planung eines Anschlags in Deutschland noch in einer frühen Phase. Rund 1100 Polizisten durchsuchten 54 Wohnungen, Geschäftsräume und Moscheen.
Der mutmaßliche Dschihadist wurde bereits in seiner Heimat wegen einer möglichen Beteiligung an dem Anschlag auf das Bardo-Museum in Tunis und einem Angriff auf einen Militärstützpunkt in der tunesischen Grenzstadt Ben Guerdane gesucht. Der Mann saß deshalb zwischenzeitlich schon in Deutschland in Haft und sollte an sein Heimatland ausgeliefert werden. Er musste aber nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft aus der Abschiebehaft entlassen werden, weil die Behörden in Tunesien trotz mehrfacher Aufforderung nicht die erforderlichen Dokumente vorlegten.
Auch im Fall von Amri war daran eine Auslieferung gescheitert. Amri galt als Gefährder und war ausreisepflichtig. Der 24 Jahre alte Tunesier hatte am 19. Dezember bei dem Anschlag zwölf Menschen getötet und rund 50 teils schwer verletzt. Er wurde wenige Tage später auf der Flucht von Polizisten in Italien erschossen.
Der nun in Frankfurt festgenommene 36-Jährige soll auch Anwerber und Schleuser für den IS gewesen sein und ein Netzwerk von Unterstützern aufgebaut haben. Weitere Ermittlungen werden unter anderem wegen des Verdachts auf Betrug und Geldwäsche geführt. Nach Deutschland eingereist ist der Mann nach Angaben der Behörden im August 2015 als Asylbewerber. Davor habe er schon zwischen 2003 und April 2013 in der Bundesrepublik gelebt.
Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) sagte, der 36-Jährige sei nicht als Gefährder eingestuft worden, dem jederzeit ein Anschlag zugetraut wurde. Nach seiner Haftentlassung sei er aber rund um die Uhr überwacht worden. Das Bundesamt für Verfassungsschutz war nach eigenen Angaben maßgeblich an der Aufklärung vor den Razzien beteiligt. Am Mittwoch ließ sich der Mann in Frankfurt widerstandslos festnehmen. Er sitzt in Haft.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) lobte die Aktion: „Das zeigt, dass die deutschen Sicherheitsbehörden wachsam sind und entschlossen zugreifen, wenn es geboten und notwendig ist.“
In Berlin verhaftete die Polizei einen Deutsch-Marokkaner und einen türkischen Staatsangehörigen, die nach dpa-Informationen Kontakte zu Amri gehabt haben sollen. Die Männer und ein ebenfalls verhafteter zweiter Türke seien wie Amri in der als Islamisten-Treff bekannten Fussilet-Moschee in Berlin-Moabit ein- und ausgegangen. Ihnen wird die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat im Ausland vorgeworfen.
Die sächsischen Behörden schoben einen Bekannten Amris nach Tunesien ab. Der 26-Jährige sei von Beamten der Landespolizei aus der Untersuchungshaft in Berlin abgeholt und nach Frankfurt zum Weiterflug nach Tunesien gebracht worden, sagte ein Sprecher des Innenministeriums in Dresden. Der Mann hatte sich am Vorabend des Attentats vom 19. Dezember mit Amri in einem Berliner Lokal zum Abendessen getroffen.
Die Bonner Polizei nahm in Burgthann bei Nürnberg einen 31 Jahre alten Terrorverdächtigen fest. Er soll von Dezember 2013 bis Januar 2014 in Syrien Mitglied der Miliz „Junud al-Sham“ gewesen sein, wie die Düsseldorfer Generalstaatsanwaltschaft mitteilte. Der Verdächtige soll in Syrien eine Waffenausbildung erhalten und Wachdienste für die Miliz geleistet haben.