Aus für Gorleben-Erkundung soll Endlager-Konsens ermöglichen
Berlin (dpa) - Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) hat ein endgültiges Aus für das Atommülllager Gorleben in Aussicht gestellt. Umgehend zeichnete sich am Freitag neue Bewegung im Streit um die Endlagersuche ab.
SPD und Grüne stellten aber weiterreichende Forderungen.
Den Ländern schlug Röttgen vor, dass die Erkundung des umstrittenen Salzstocks in Niedersachsen vorläufig gestoppt wird. Gorleben soll als Vergleichsstandort erhalten blieben. Es soll aber in den weiteren Schritten von der Suche ausgeschlossen werden können. SPD-Chef Sigmar Gabriel begrüßte den Vorschlag. Die rheinland-pfälzische Energieministerin Eveline Lemke (Grüne), die für SPD und Grüne die Verhandlungen koordiniert, sagte: „Da ist Bewegung drin.“
Röttgen betonte, alle Parteien, Bund und Länder hätten beim Ringen um einen Endlager-Konsens in nationaler Verantwortung und im Interesse kommender Generationen gehandelt. „Jeder musste und muss dabei ein Stück weit über seinen Schatten springen“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa in Berlin.
„Nach dem Einstellen der Erkundungsarbeiten im Salzstock Gorleben findet ein Offenhaltungsbetrieb ohne weitere Erkundungen statt“, heißt es in einem Einigungsvorschlag, der der dpa vorlag und über den zuerst die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete. Röttgen sagte dem Blatt: „Die Einigung zwischen Bund und Ländern ist in greifbarer Nähe.“
Der Streit war Mitte März mit der Absage einer Verhandlungsrunde eskaliert. 90 Prozent des bis Sommer geplanten Gesetzentwurfs für die Suche nach einem Endlager für hoch radioaktiven Atommüll stehen. Umstritten ist, wann und wie der Salzstock Gorleben mit anderen Standorten verglichen werden und wer für die Endlagerung zuständig sein soll.
Gabriel sagte der dpa, Röttgen sei auf die Linie der SPD eingeschwenkt. Jetzt sei wieder der Stand des Gorleben-Moratoriums erreicht, den SPD und Grüne 2002 gesichert hätten. Weitere Fragen seien zu klären. Eine Zerschlagung des hochqualifizierten Bundesamtes für Strahlenschutz werde die SPD nicht mitmachen. „Wir werden der Atomlobby nicht gestatten, durch die Hintertür wieder ins Geschäft zu kommen“, kündigte er an. Der Röttgen-Vorschlag sieht die Neugründung einer bundeseigenen Gesellschaft für die Endlagerung vor.
Wie Gabriel forderten auch die Grünen-Fraktionsvorsitzenden Renate Künast und Jürgen Trittin Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu einem Spitzentreffen zur Klärung offener Fragen auf. Trittin sagte: „Ein Konsens in der Endlagerfrage ist möglich.“ Der Einigungsvorschlag sei aber in vorliegender Form nicht zustimmungsfähig. „Gorleben kann nicht Vergleichsstandort sein.“
Lemke sagte der dpa: „Es gibt für mich eindeutig Widersprüche.“ Gorleben solle kein Referenzstandort sein, also auch kein Forschungslabor. „Einen faulen Kompromiss wollen wir nicht eingehen.“
Die SPD-Obfrau im Gorleben-Untersuchungsausschuss, Ute Vogt, sagte der dpa, Röttgen erhöhe vor allem aus Wahlkampfgründen als Spitzenkandidat in Nordrhein-Westfalen jetzt den Druck für eine Einigung. In der Sache sei zentral, dass sich die Energieversorger an den Endlagerkosten beteiligten.
Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) sieht seine Atompolitik bestätigt: „Gorleben bleibt bei der Suche nach einem Endlager im Topf, muss sich aber jederzeit an den zu benennenden Kriterien messen lassen können.“
Greenpeace, der BUND und die Anti-Atom-Organisation „ausgestrahlt“ machten deutlich, dass ihnen der Vorstoß nicht ausreiche: Gorleben sei ungeeignet.