AfD Beschwerdeportal - Auch Eltern sollen AfD-kritische Lehrer melden

Berlin · Der Streit um das AfD-Beschwerdeportal gegen parteikritische Lehrer beschäftigt jetzt die Kultusminister. Die AfD will die Aktion ausweiten.

Dieses Beispiel von Protest gegen die AfD stammt aus Bayern.

Foto: dpa/Lino Mirgeler

Jetzt fliegen die Fetzen. Die zunächst in Hamburg gestartete Aktion der AfD gegen Lehrer, die an den Schulen kritisch über die Partei reden, hat Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) und die Konferenz der Kultusminister auf den Plan gerufen. Jeweils mit scharfer Kritik. Die rechtspopulistische Partei verteidigt ihre Aktion nicht nur, sondern will sie noch ausweiten. Womöglich auf alle Bundesländer.

Darüber soll nächsten Montag bei einem Treffen von AfD-Bildungspolitikern beraten werden, erfuhr unsere Redaktion. Bisher ist ein entsprechendes Online-Portal außer in Hamburg auch in Bayern, Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Sachsen geplant oder schon in Betrieb. Schüler oder Eltern können dort melden, wenn die AfD von Lehrern im Unterricht schlecht behandelt wird. Ebenso, wenn Plakate für Anti-AfD-Demonstrationen aufgehängt oder T-Shirts mit „FCK-AfD“-Aufdruck getragen werden. Letzteres soll ausdrücklich nur für Lehrer gelten, nicht für Schüler. Ihren Namen müssen die Meldenden angeben, können also nicht anonym agieren. Die Partei verspricht Vertraulichkeit; sie will die Vorgänge jeweils bei den Schulbehörden zur Sprache bringen. In Hamburg gingen angeblich schon mehrere Hundert Meldungen ein; ein großer Teil war allerdings satirischer Art.

Unter den Pädagogen und ihren Gewerkschaften gibt es überall große Empörung und Verunsicherung, zumal die AfD offen lässt, was am Ende mit den Daten passiert. Die Vermittlung demokratischer Werte gehört zum Bildungsauftrag. Der Staatsrechtler Joachim Wieland betonte, Hinweise von Lehrern auf problematische Entwicklungen in Parteien wie der AfD während des Unterrichts seien legitim und entsprächen der Aufgabe jedes Beamten. Diese hätten sich „für die freiheitlich-demokratische Grundordnung" einzusetzen und „Werte der Verfassung zu vermitteln".

Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) warf der AfD „organisierte Denunziation" vor. Dies sei ein „Mittel von Diktaturen", sagte sie. Ähnlich äußerte sich der Chef der Kultusministerkonferenz, Thüringens Bildungsminister Helmut Holter (Linke). Die AfD fordere, dass „Kinder zu Denunzianten werden", sagte Holter. Das erinnere an die NS-Diktatur. Ein Verbot sei rechtlich allerdings schwierig.

Holter setzte als amtierender Vorsitzender das Thema im Rahmen einer Debatte über Demokratieerziehung auf die Tagesordnung der Konferenz der Kultusminister am Donnerstag in Berlin. Beschlüsse wurden dort nicht gefasst; die Teilnehmer tauschten sich über ihre bisherigen Erfahrungen mit der Aktion in ihren Ländern aus und protestierten einmütig gegen das Vorgehen der AfD. „Mit diesen Methoden aus dem letzten Jahrhundert sät die AfD Unfrieden und Misstrauen“, sagte NRW-Bildungsministerin Yvonne Gebauer. Sie ermutige ihre Lehrer, sich weiterhin kritisch mit völkisch-autoritären Erscheinungsformen in der Politik im Unterricht auseinanderzusetzen.

Den Vorwurf der Denunziation wies AfD-Vize Georg Pazderski entschieden zurück. In vielen Schulen herrsche ein undemokratisches Meinungsklima, weil Lehrer nur einseitig ein „links-grünes Weltbild“ verbreiteten. Die Eltern hätten Angst, das den Schulleitungen zu melden, weil sie dann Nachteile für ihr Kind befürchteten. Das und nicht die AfD-Plattform trage diktatorische Züge, sagte Pazderski. AfD-Fraktionsgeschäftsführer Bernd Baumann, der selbst aus Hamburg kommt, betonte gegenüber Journalisten, es gehe um Grenzüberschreitungen durch rot-grün geprägte Lehrer. In der Schule müsse die Neutralitätspflicht gelten.