Besuchsverbot in Incirlik: Oppermann setzt Türkei Frist
Berlin (dpa) - Im Streit um das Besuchsverbot für Bundestagsabgeordnete auf der türkischen Luftwaffenbasis Incirlik hat die SPD der Regierung in Ankara eine Frist gesetzt.
„Wenn bis Oktober keine deutschen Abgeordneten nach Incirlik fahren können, empfehle ich, das Mandat nicht zu verlängern, sondern auslaufen zu lassen“, sagte Fraktionschef Thomas Oppermann den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland.
Deutsche „Tornado“-Aufklärungsjets unterstützen von Incirlik aus die Bombardements gegen die Terrormiliz Islamischer Staat in Syrien und im Irak. Das Bundestagsmandat dafür läuft Ende des Jahres aus, dann muss neu abgestimmt werden. Ohne die SPD gilt eine Mehrheit für eine Verlängerung als ausgeschlossen. Fast alle Oppositions-Abgeordneten hatten schon im vergangenen Dezember gegen den Einsatz gestimmt.
Die Türkei hatte einem Staatssekretär und mehreren Abgeordneten den Besuch der deutschen Soldaten in Incirlik untersagt, nachdem der Bundestag die Armenier-Resolution verabschiedet hatte. Sie verurteilt das Vorgehen des Osmanischen Reichs gegen die Armenier vor mehr als 100 Jahren als Völkermord.
Trotz des Besuchsverbots haben Abgeordnete aller Fraktionen einen neuen Versuch gestartet und für Anfang Oktober eine Reise nach Incirlik geplant. Bisher sind alle diplomatischen Bemühungen gescheitert, einen solchen Besuch durchzusetzen. Im Juli versuchte es sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel vergeblich auf höchster Ebene beim türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.
Am Rande des G20-Gipfels in China am 4. und 5. September wird es möglicherweise ein weiteres Treffen mit Erdogan geben. „Das ist möglich, kann ich aber nicht abschließend bestätigen“, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Freitag. Das Verteidigungsministerium bekräftigte, dass Incirlik aus militärischer Sicht der beste Standort für die deutschen Soldaten sei.
CSU-Verteidigungsexperte Florian Hahn kritisierte die Haltung der SPD. „Die Debatte über Abzug oder Verlegung steht jetzt nicht an“, sagte Hahn der „Passauer Neuen Presse“ (PNN/Freitag). „Wir sollten der Türkei jetzt noch Zeit geben, ihren Standpunkt zu überdenken.“
Aus Sicht des früheren Generalinspekteurs der Bundeswehr, Harald Kujat, gehört die gesamte deutsche Beteiligung am Kampf gegen den IS auf den Prüfstand. „Der Einmarsch der türkischen Truppen in Nordsyrien in den vergangenen Tagen hat zu einer sehr komplizierten und gefährlichen Lage geführt“, sagte er der „PNN“. „Man muss sorgfältig abwägen, ob der außen- und sicherheitspolitische Ertrag das militärische Engagement rechtfertigt.“ Kujat: „Ich bezweifele, dass wir in dieser Gemengelage mit den Aufklärungsflugzeugen noch viel zum Kampf gegen den IS beitragen können.“