Bilanz: Schwarz-rote Regierung ist 100 Tage im Amt
Am Mittwoch ist die schwarz-rote Regierung 100 Tage im Amt. Sowohl Union als auch SPD sind mit ihrer bisherigen Arbeit zufrieden.
Berlin. Außenminister Frank-Walter Steinmeier machte Montag den Anfang bei der ultimativen Lobhudelei: Der SPD-Mann durfte sich anlässlich des anstehenden 100-Tage-Jubiläums der Koalition als erster auf dem Youtube-Kanal der Bundesregierung präsentieren.
Das möglichst locker, deshalb lautete eine Frage, wie ein guter Feierabend für ihn aussehe: „Wenn’s ein Feierabend ist, der vor 22 Uhr beginnt, dann ist es ein guter Feierabend. Wenn dann noch Zeit ist für einen schönen Film und ein Glas Rotwein dabei, umso besser“, antwortete Steinmeier.
100 Tage ist die schwarz-rote Koalition Mittwoch im Amt, und der Reihe nach werden sich jetzt alle Minister so oder so ähnlich vorstellen. Die Leichtigkeit der Videos hat mit der politischen Realität jedoch nicht viel zu tun. Die ersten 100 Tage Schwarz-Rot waren geprägt von Misstrauen (Edathy-Affäre), vom Zoff um Inhalte (Mindestlohn, Energiewende, Rente oder Zuwanderung) und einer großen außenpolitischen Krise (Krim). „Es ist Luft nach oben“, resümierte daher die Vize-CDU-Vorsitzende Julia Klöckner.
Die öffentliche Meinung sah bislang eher die SPD-Minister als treibende Kraft der Koalition an, CDU-Generalsekretär Peter Tauber versuchte, die Dinge ein wenig geradezurücken: Finanzminister Wolfgang Schäuble habe es geschafft, erstmals seit 1969 einen Haushaltsentwurf ohne neue Schulden vorzulegen;
Gesundheitsminister Hermann Gröhe mache Tempo bei der Pflege und der Reform der gesetzlichen Krankenversicherung, und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen arbeite daran, die Truppe weiter attraktiv zu machen. „Selbst bei den Kollegen der SPD finden sie Projekte der Union. Andrea Nahles darf die Mütterrente umsetzen. Und wir begleiten sie dabei sehr liebevoll“, so Tauber.
Die Koalitionsarbeit ist auch immer ein Kampf um die Deutungshoheit. Das zeigte auch der gestrige Auftritt von SPD-Chef Sigmar Gabriel, Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister in Personalunion. Im Anschluss an die Parteivorstandssitzung trat er selbst vor die versammelten Medienvertreter. Normalerweise ist das auch bei den Genossen Sache der Generalsekretärin, also von Yasmin Fahimi. Aber manche Dinge erledigt der Chef lieber selbst. Die Sozialdemokraten verstünden sich als „Motoren dieser Koalition“. Besonders die Vorlagen zu Mindestlohn und Rentenpaket würdigte er noch einmal ausführlich.
Allerdings stellte auch Gabriel klar, dass seine Partei nicht nur die eigenen Projekte im Blick hat, sondern auch Herzensthemen der Union wie die Pkw-Maut oder den soliden Haushalt. Auch diese Themen müssten zum Erfolg geführt werden, meinte Gabriel. Frei nach der Devise, bei CDU und CSU sind schon viele gereizt. Da muss man es nicht noch mehr übertreiben.
Aus Sicht der Sozialdemokraten ärgerlich ist freilich die Tatsache, dass der Wähler ihre politische Dynamik kaum zu würdigen weiß. Jedenfalls bisher. Einer aktuellen Umfrage zufolge dümpelt die SPD nur bei 23 Prozent der Stimmen. Das sind noch einmal fast drei Prozent weniger als das ohnehin schon magerere Ergebnis bei der letzten Bundestagswahl. Doch Gabriel gab sich auf entsprechende Nachfrage optimistisch: Er habe auch „nicht erwartet“, dass sich die Menschen schon nach 100 Tagen rückwirkend korrigierten, zumal sie ja die große Koalition gewollt hätten.