Internationale Tagung BKA-Chef will bessere Vernetzung im Kampf gegen Terrorismus
Hannover (dpa) - Die Sicherheitsbehörden in Europa müssen sich technisch besser aufstellen und vernetzen, um der wachsenden Gefahr des islamistischen Terrorismus zu begegnen. Das forderte der Präsident des Bundeskriminalamtes, Holger Münch, in Hannover.
„Die Polizei muss grenzübergreifend zusammenarbeiten. Davon sind wir noch ein großes Stück entfernt“, sagte der BKA-Chef. So müssten ins Schengener Informationssystem, in dem europaweit Personendaten ausgetauscht werden, auch biometrische Daten wie Fingerabdrücke integriert werden. Das soll nach und nach umgesetzt werden.
Sollten die Strukturen der Terrormiliz Islamischer Staat zusammenbrechen, wird dadurch die Terrorismusgefahr in Europa nicht gebannt, erläuterte der BKA-Chef in seinem Vortrag bei einer Tagung auf Einladung des niedersächsischen Innenministeriums. Die Zahl der potenziellen Islamisten sei nach wie vor hoch, auch in Deutschland.
Bundesweit beobachten die Ermittler derzeit 705 Gefährder, mehr als fünf Mal so viele wie 2013. Das sind Menschen, denen die Sicherheitsbehörden jederzeit einen Terroranschlag zutrauen. Die Gefährderüberwachung liege zu Recht bei den Ländern, der Bund unterstützte, sagte Münch. Allerdings müssten endlich die Polizeigesetze der Länder vereinheitlicht werden, damit überall Telefonüberwachung möglich werde und ein Gefährder, der in Bayern eine Fußfessel trägt, sich nicht durch einen Umzug nach Hamburg den Behörden entziehen könne.
Der Direktor von Europol, Rob Wainwright, sagte, Deutschlands Antwort auf die Terrorismusbedrohung sei besser als die anderer Länder. Die europäische Polizeibehörde verstehe sich als Brückenbauer und biete eine Plattform für den Datenaustausch zwischen den Ländern. Aus Sicht von Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius tut sich auf europäischer Ebene noch zu wenig. „Ich halte es für notwendig, über eine Art europäisches FBI nachzudenken“, sagte der SPD-Politiker. Für grenzüberschreitende Ermittlungen sollte nach seiner Vorstellung zunächst ein kleiner Kreis von Ländern Kompetenzen an Europol abgeben. Zudem plädierte Pistorius für die Einführung einer europaweiten Extremistendatei.
Einig waren sich die Sicherheitsexperten darüber, dass bestimmte Gruppen besonders ins Visier genommen werden müssen. Rund 950 überwiegend junge Extremisten seien bisher aus Deutschland in die IS-Kampfgebiete nach Syrien und in den Irak ausgereist, möglicherweise bildeten sie neue internationale Netzwerke. Zwar gebe es eine Vielzahl von Strafverfahren gegen IS-Rückkehrer, doch was passiere, wenn diese nach drei bis sechs Jahren aus dem Gefängnis entlassen werden? Präventionsanstrengungen seien mit Blick auf die Salafisten-Szene und Flüchtlinge notwendig, die angesichts ihrer Lebensumstände anfällig für eine Radikalisierung seien.