Bund der Steuerzahler: Einwohnerschwund führt zu höheren Gebühren

Der Bund der Steuerzahler warnt vor einer Preisexplosion — als Folge des Einwohnerschwunds.

Düsseldorf. Der Bund der Steuerzahler erwartet dramatisch steigende Abwasser- und Abfallgebühren, hervorgerufen durch den Bevölkerungsrückgang. „Das ist jetzt vor allem in kleineren Gemeinden zu erkennen, das wird bald auch große Städte mit voller Wucht treffen“, sagte Heinz Wirz, NRW-Chef des Steuerzahlerbundes (BdSt).

Die Bewohner von Bad Berleburg, Herne und Kalletal können davon ein Lied singen. Dort ging die Einwohnerzahl in den vergangenen Jahren stark zurück, die Gebühren stiegen kräftig an.

Diese Prognose ist naheliegend: Schrumpft eine Gemeinde, bleibt in der Regel die Infrastruktur — also beispielsweise Kanalisation, Kläranlagen oder auch Müllverbrennungsanlage — aber im vollen Umfang bestehen. Nun müssen weniger Gebührenzahler die Unterhaltskosten bezahlen. Jeder einzelne Bürger wird also stärker belastet.

Doch der BdSt kritisiert auch die Gebührenpolitik einzelner Gemeinden, die unabhängig von externen Faktoren zu gewaltigen Preissteigerungen führen können. Da nimmt Wirz vor allem die Abschreibungspraxis ins Visier. „Immer mehr Gemeinden berechnen bei der Kalkulation ihrer Kapitalkosten nicht mehr den geringen Anschaffungszeitwert, sondern den weitaus höheren Wiederbeschaffungswert“, monierte Wirz.

Das bedeutet in der Praxis, dass bei der Gebührenberechnung für einen 40 Jahre alten Kanal nicht die damals gezahlten Kosten, sondern die heute theoretisch anfallenden Neubaukosten zugrunde liegen. „Im Landesdurchschnitt liegt der Wert doppelt so hoch wie er eigentlich sein müsste“, so Wirz.

Der BdSt hält diese Praxis seit Jahren für mehr als fragwürdig, gleichwohl wird sie angewendet. Die Gemeindeprüfungsanstalt in Herne empfiehlt sie mittlerweile sogar.

Mit großer Skepsis sieht der Steuerzahlerbund die Praxis vieler Städte, Überschüsse aus den Gebühren in den allgemeinen Haushalt zu überstellen. Ausdrücklich rügte Wirz die Stadt Düsseldorf, weil die im Jahr 2009 rund 2,6 Millionen Euro Erlöse in den Etat überstellt habe.

Ausreißer bei den Abwassergebühren in NRW ist das rheinische Titz. Dort muss ein Vier-Personen-Haushalt, der im Jahr 200 Kubikmeter Wasser verbraucht, mit 1236 Euro rechnen — ein Plus von 34,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Zum Vergleich: Im westfälischen Reken sind lediglich 246 Euro fällig.

Bei den Abfallgebühren fällt der Städtevergleich wesentlich schwerer, zu unterschiedlich sind die Tonnengrößen, zu unterschiedlich auch die Leerungstakte — wöchentlich, alle 14 Tage oder sogar nur einmal im Monat.

Doch vor allem die Oberhausener, die Bewohner des Kreises Wesel, die Krefelder und die Düsseldorfer müssen recht viel zahlen: Denn die dortigen Müllverbrennungsanlagen nehmen mehr als 200 Euro pro Tonne Hausmüll. Zum Vergleich: Die MVA Wuppertal verlangt 144 Euro.