Bund und Länder streiten über „Soli“-Einnahmen
Berlin (dpa) - Die Steuerzahler können auf keine Entlastungen durch einen Wegfall des Solidaritätszuschlags nach 2019 hoffen.
Bund und Länder loten zwar ein Auslaufen des „Soli“ aus. Die bisher allein dem Bund zustehenden Einnahmen von bis zu 15 Milliarden Euro könnten aber im Zuge der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen zugunsten der Länder und Kommunen anders aufgeteilt werden, wie Koalitionskreise am Dienstag in Berlin bestätigten. Im Gespräch seien bei einem Wegfall des „Soli“ Aufschläge bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer, deren Einnahmen sich Bund, Länder und Kommunen teilen. An der Steuerlast der Bürger würde sich nichts ändern. Der Bund pocht jedoch auf Gegenleistungen der Länder.
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) warnte vor einer einseitigen Belastung des Bundes: „Nur auf Mittel des Bundes zu schielen, greift zu kurz.“ Die Länder hätten bereits seit den 1990er Jahren immer mehr Anteile an den Steuereinnahmen vom Bund bekommen. Der Spielraum für ein weiteres Entgegenkommen des Bundes sei begrenzt. Die Länder reagierten unterschiedlich auf den Vorstoß zum „Soli“.
Der „Soli“ ist ein Zuschlag von 5,5 Prozent auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer. 2019 läuft der Solidarpakt II zum Aufbau der neuen Länder aus. Dann soll auch die ursprünglich zum Aufbau im Osten erhobene, heute aber nicht mehr zweckgebundene Steuer in die Bund-Länder-Finanzbeziehungen eingebunden werden. Die Länder pochen schon länger auf eine Beteiligung an den „Soli“-Einnahmen. Eine komplette Abschaffung des Solidaritätszuschlages ohne Kompensation ist in den Bund-Länder-Gesprächen bisher allerdings kein Thema.
Nach Angaben des Finanzministeriums ist aber die Integration des „Soli“ in die Tarife der Einkommen- und Körperschaftsteuer eine Möglichkeit. „Die Gesamtsteuerbelastung würde sich dadurch nicht erhöhen“, stellte Staatssekretär Michael Meister (CDU) klar.
Mit einer schon länger diskutierten Integration des Zuschlags in die Einkommen- und Körperschaftsteuer käme Schäuble den Bundesländern entgegen. Denn Länder und Kommunen würden dann automatisch an den höheren Einnahmen aus diesen Gemeinschaftsteuern beteiligt. Die Länder bekämen von zuletzt 14 Milliarden Euro „Soli“-Einnahmen etwa 6 Milliarden Euro und die Kommunen gut 2 Milliarden.
Für Baden-Württembergs Finanzminister Nils Schmid (SPD) wäre es „die beste Lösung“, den „Soli“ in die Einkommenssteuer zu integrieren: „Wenn sich der Bund in dieser Frage öffnet, verbessern sich auch die Chancen auf eine Einigung über den Länderfinanzausgleich.“ Sein nordrhein-westfälischen SPD-Kollege Norbert Walter-Borjans mahnt dagegen: „Wie so oft würden sich Schäubles Verhandlungspartner im Nachhinein die Augen reiben, weil sie feststellen, dass der Bundeshaushalt der einzige Gewinner dieser Operation ist.“
Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) sprach sich im Bayerischen Rundfunk erneut für eine Abschaffung aus und lehnte es ab, den „Soli“ über das Jahr 2019 hinaus laufen zu lassen - „zum Beispiel für die Schuldentilgungsfonds bestimmter Bundesländer“. Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) sprach sich dagegen aus, den „Soli“ durch Aufschläge auf andere Steuern zu ersetzen: „Dadurch würde die Schere zwischen armen und reichen Ländern nicht geschlossen.“ Das Saarland plädiert dafür, Mittel aus dem „Soli“ in einen Altlastenfonds fließen zu lassen.
Auch Schleswig-Holstein und Hamburg werben dafür, den Zuschlag durch einen Altschuldentilgungsfonds zu ersetzen. „Den Soli dafür zu verwenden, dass die Länder Altschulden abbauen, fänden wir eine sehr gute Idee“, sagte Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD). Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) betonte: „Es ist nicht die Zeit des Entlastens, sondern des Schuldenabbaus.“
Aus Sicht von Sachsen-Anhalt wird in Deutschland dauerhaft Hilfe benötigt. Die Mittel sollten zweckgebunden eingesetzt werden, sagte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Dabei gehe es um Themen wie Altschulden der Länder und Infrastrukturmaßnahmen. Der rheinland-pfälzische Finanzminister Carsten Kühl (SPD) sagte, es sei richtig, weiter auf diese Einnahmen zu bauen. Es dürfe aber nicht der Länderanteil an der Umsatzsteuer gesenkt werden. Den Ländern „ans Portemonnaie zu gehen“, werde bei ihnen keine Mehrheit finden.