Interview Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt "Den sauren Regen gibt es so nicht mehr"
Berlin. Der Zustand des Waldes hat sich nach Ansicht von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) in den letzten Jahren deutlich verbessert. Das Waldsterben wie in den 80er Jahren sei heute kein Thema mehr, so der Minister im Gespräch mit unserer Redaktion.
In Berlin findet ab Dienstag der erste Deutsche Waldtag statt, auf dem Experten über die Zukunft und die Bedeutung der Forstwirtschaft beraten werden.
WZ: Herr Minister, in den 1980er Jahren war das Waldsterben in aller Munde. Wie ist der Zustand des Waldes heute?
Schmidt: Dem Wald geht es zweifelsohne besser. Das Waldsterben ist heute kein Thema mehr so wie noch in den achtziger Jahren. Dafür haben auch Maßnahmen wie Katalysatoren in Autos und die Bodenschutzkalkung der Wälder gesorgt. Was uns heute eher beschäftigt, sind die Auswirkungen des Klimawandels. Gleichzeitig ist der Wald aber auch ein Klimaschützer, dessen Beitrag zur Minderung der Treibhausgase essentiell ist.
WZ: Welchen Einfluss hat denn die Klimaveränderung auf den Wald?
Schmidt: Die Bäume und Pflanzen im Wald leiden unter den Folgen des Klimawandels, wie dem Temperaturanstieg und Extremwetter. Da Wälder lebenswichtig für uns sind, müssen wir sie vor diesen Klimaveränderungen schützen und dabei kommt dem Wald selbst eine Schlüsselrolle zu. Die Agenda 2030 und der Pariser Klimavertrag zeigen: Nur mit einer nachhaltigen Land- und Forstwirtschaft meistern wir die großen globalen Herausforderungen wie den Klimawandel, die Ernährungssicherung und eine Versorgung mit nachwachsenden Rohstoffen. Und der Wald leistet dabei einen essentiellen Beitrag für den Klimaschutz, etwa durch die Speicherung von Kohlenstoffdioxid in Holzprodukten und auch im Boden
WZ: Gibt es keinen sauren Regen mehr?
Schmidt: Den sauren Regen, wie wir ihn in den achtziger Jahren kannten, gibt es so tatsächlich nicht mehr. Hier waren nicht zuletzt die Maßnahmen zur Reinhaltung der Luft sehr erfolgreich. Insbesondere die Schwefeldioxid-Emissionen sind sehr stark reduziert worden. Auch die Einträge von Stickstoff wurden gemindert, diese wollen wir aber weiter senken. Wir beobachten unseren Wald auf jeden Fall sehr genau, mit intensivem Monitoring über mehrere Jahre hinweg
WZ: Kritiker sagen, Sie beschönigen die Lage. So sollen nur noch rund zwanzig 20 Prozent der Buchen- und Eichenbestände keine Kronenschäden aufweisen. Auch Straßenverkehr und Landwirtschaft setzen dem Wald zu. Was entgegnen Sie?
Schmidt: Wir beschönigen nichts. Beim Zustand der Baumkronen ist es jedoch schwierig, eine scharfe Grenze zwischen krank und gesund zu ziehen. Auf den ersten Blick kann man das häufig nicht sehen. Bäume mit einer Kronenverlichtung von über 25 Prozent gelten als geschädigt. 50 bis 65 Prozent der von Buchen und Eichen blieben in den vergangenen Jahren unterhalb dieser Schwelle. Die Ergebnisse schwanken aber und die Ursachen sind vielfältig: Ein extrem trockener Sommer kann genauso zu Laubschäden führen wie der Befall durch Insekten. Außerdem werden zum Schutz der biologischen Vielfalt mehr alte Buchen und Eichen stehen gelassen, und darunter sind absterbende Bäume, die Lebensraum für Insekten und Höhlenbrüter bieten.
WZ: Aber ist das nachhaltig?
Schmidt: Mein Prinzip heißt schützen durch nützen. Mein Ziel ist eine nachhaltige Waldbewirtschaftung, denn wir wollen die vielfältigen Funktionen des Waldes sichern: Der Wald bringt uns wirtschaftliche Erträge und Erholung, dient dem Klimaschutz und beherbergt eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt. Gleichzeitig sichert er Arbeit und Einkommen in den ländlichen Regionen. Nachhaltigkeit ist deshalb immer ökologisch und sozial und ökonomisch zu verstehen. Zu einem gesunden Wald gehört nachhaltige Bewirtschaftung.