Verdacht auf Steuerhinterziehung Bundestag hebt Immunität von AfD-Politiker Alexander Gauland auf
Berlin · Gegen AfD-Fraktionschef Alexander Gauland wird wegen möglicher Steuerhinterziehung ermittelt. Der Bundestag hat seine Immunität aufgehoben. Gauland, der am Vorabend noch an einem Empfang seiner Fraktion in Berlin teilnahm, fehlte bei der Abstimmung im Plenum.
Wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung ist die Wohnung von AfD-Bundestagsfraktionschef Alexander Gauland in Potsdam durchsucht worden. Wie ein Fraktionssprecher auf Anfrage bestätigte, hielt sich der 78-Jährige aufgrund einer Erkältung am Donnerstag nicht im Plenum des Bundestages auf, sondern war zuhause, als die Beamten zur Durchsuchung anrückten.
Kurz zuvor hatte der Bundestag Gaulands Immunität aufgehoben und damit zugleich die Polizeiaktion genehmigt. Die AfD-Fraktion enthielt sich bei der Abstimmung.
Angeordnet hatte die nach mehreren Stunden beendete Maßnahme die Staatsanwaltschaft Frankfurt. Bei den Durchsuchungen gehe es um Meldeanschriften des Politikers in Frankfurt am Main und in Brandenburg, wie eine Sprecherin sagte.
Fraktionssprecher Christian Lüth erklärte, man erachte das Ermittlungsverfahren und die Ermittlungsmaßnahmen als „ungerechtfertigt und unverhältnismäßig“. Es handele sich wohl um eine vierstellige Summe und um mögliche Fehler bei der gemeinsamen steuerlichen Veranlagung mit seiner Ehefrau. Gauland ist mit ihr zwar noch verheiratet, lebt aber seit vielen Jahren getrennt mit einer neuen Lebensgefährtin in Potsdam; die Noch-Ehefrau wohnt in Frankfurt.
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt hatte im vergangenen Jahr Ermittlungen gegen Gauland wegen eines „privaten Steuerfehlers“ aufgenommen und die Aufhebung der Immunität beantragt. Lüth hatte Ende März getwittert, dass es sich „lediglich um einen Fehler in seiner Steuererklärung“ handele.
Abgeordnete dürfen wegen einer mutmaßlichen Straftat nur mit Zustimmung des Parlaments juristisch verfolgt werden. Sie genießen laut Grundgesetz Immunität. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann diese vom Parlament aufgehoben werden.
Gauland ist ehemaliges CDU-Mitglied und war Staatssekretär in Hessen. 1993 wurde er Herausgeber der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“ in Potsdam, ein Posten, den er bis 2005 behielt. Über seine wirtschaftlichen Verhältnisse sagte Gauland einmal in einem Interview: „Ich habe eine sehr gute Pension.“
Die Beamten dürften aus seiner Wohnung vor allem Papiere mitgenommen haben. Denn Gauland ist, was die Nutzung von Computern angeht, bekennender technischer Analphabet. Er schreibt selbst keine E-Mails und ist auch in den sozialen Medien nicht präsent.
Zudem stimmte das Parlament in einem anderen Fall für die Aufhebung der Immunität der CDU-Abgeordneten Karin Strenz aus Mecklenburg-Vorpommern. Auch hier wurde gleichzeitig der Vollzug gerichtlicher Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse genehmigt.
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main teilte mit, dass unter anderem gegen ein namentlich nicht genanntes Bundestagsmitglied ermittelt werde. Hintergrund sind demnach mutmaßlich aus Aserbaidschan stammende Gelder, die an Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung des Europarats (PACE) geflossen sein sollen, der das Bundestagsmitglied angehörte.
Gauland ist in seiner Fraktion nicht der erste Abgeordnete, dessen Immunität aufgehoben wurde. Erst Mitte Januar hatte der Bundestag die Immunität des baden-württembergischen AfD-Abgeordneten Thomas Seitz aufgehoben, um die Fortsetzung eines Disziplinarverfahrens gegen den früheren Freiburger Staatsanwalt zu ermöglichen.
Weiterer Fall um CDU-Politikerin Karin Strenz
Der Bundestag stimmte am Donnerstag noch einem weiteren Antrag auf Genehmigung von Durchsuchungen und Beschlagnahmungen zu. Dieser betraf die CDU-Politikerin Karin Strenz. Worum es in diesem Fall konkret ging, blieb zunächst unklar. Im vergangenen Jahr hatte der Bundestag gegen Strenz eine Geldstrafe von knapp 20.000 Euro verhängt, weil sie als Mitglied der Parlamentarierversammlung des Europarats in einen Skandal um Bestechungsgelder aus der autoritär regierten Kaukasus-Republik Aserbaidschan verwickelt war.