CDU-Spitze dementiert Steuererhöhungen
Berlin (dpa) - Nach Spekulationen über einen Wortbruch der Union beim Thema Steuererhöhungen dementiert die CDU-Spitze, dass sie bereits jetzt an solche Zugeständnisse für Koalitionsgespräche mit SPD oder Grünen denkt.
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe erklärte in Berlin: „Es gilt uneingeschränkt unser Wahlprogramm: Steuererhöhungen lehnen wir ab. Das sehr gute Wahlergebnis gibt uns ein starkes Mandat, für diese Position zu kämpfen.“ Einen Bericht der „Bild“-Zeitung, wonach er unter anderem in einem Gespräch mit Vertretern des CDU-Wirtschaftsflügels einen höheren Spitzensteuersatz ausdrücklich ins Spiel gebracht habe, nannte Gröhe falsch.
Auch Unionsfraktionsvize Michael Fuchs (CDU) sagte: „Wir haben den Bürgern - und die Bundeskanzlerin persönlich - versprochen, dies nicht zu tun. Und es ist auch nicht nötig.“ Im ARD-„Morgenmagazin“ räumte er allerdings ein: „Natürlich werden wir in einer Koalitionsvereinbarung Kompromisse machen müssen.“ Aber Steuererhöhungen seien „äußerst problematisch“.
Unionsfraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU), erklärte: „Angesichts des diesjährigen Rekordsteueraufkommens in Deutschland von knapp 700 Milliarden Euro gibt es aus Sicht der Union keine Notwendigkeit für irgendwelche Steuererhöhungen. Das war und ist unsere Position, und mit dieser werden wir in alle anstehenden Verhandlungen gehen.“ CDU-Vize Julia Klöckner twitterte: „Gibt keinen Grund, Steuererhöhungen anzubieten, Verhandlungen beginnen erst. Wähler haben die Union nicht umsonst mit über 40 % ausgestattet.“
Der haushaltspolitische Sprecher der Fraktion, Norbert Barthle (CDU), plädierte dagegen für eine moderate Anhebung des Spitzensteuersatzes für Besserverdienende. Mit den Mehreinnahmen sollten gleichzeitig Entlastungen für kleinere Einkommen gegenfinanziert werden. „Die Treppe beim Spitzensteuersatz zwischen 42 Prozent ab 53 000 Jahreseinkommen und 45 Prozent ab 250 000 Euro könnte wegfallen“, sagte er der „Rheinischen Post“. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte auf die Frage nach Steuererhöhungen in einer künftigen Koalition der „Zeit“ gesagt: „Wir sollten jetzt schauen, wie die Gespräche laufen.“
Die CSU-Spitze ist strikt dagegen, ohne Not eine Debatte über Steuererhöhungen zu führen. Parteichef Horst Seehofer kritisierte die Äußerungen aus der Schwesterpartei CDU mit deutlichen Worten. Es sei „unverantwortlich“, wenn jetzt - noch vor Beginn von Koalitionsverhandlungen - Steuererhöhungen vorausgesagt würden, so Seehofer nach Teilnehmerangaben in einer Sitzung der CSU-Landtagsfraktion in München. Bayerns Finanzminister Markus Söder sagte: „Mit der CSU gibt es keine Steuererhöhungen.“
Scharfe Kritik kommt aus der Wirtschaft. „Wenn Herr Schäuble jetzt beidreht, ist das der Einstieg in den Wortbruch“, sagte Michael Hüther, Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), der „Passauer Neuen Presse“ (Donnerstag). Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, betonte: „Die Union muss bei den Koalitionsverhandlungen den breiten Wählerwillen einbringen und Steuererhöhungen wie bisher eine klare Absage erteilen.“ Der Vorsitzende des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstag), Schäuble stehe mit der kategorischen Absage an Steuererhöhungen bei den Wählern im Wort.
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Britta Hasselmann sagte im WDR 5 Morgenecho: „Wir sind sechs Wochen lang im Wahlkampf geprügelt worden, auch von CDU und CSU, nach dem Motto: Es ist genug Geld da, die Steuereinnahmen sprudeln, die Grünen sind verrückt. Und jetzt tritt genau das ein, was wir geglaubt haben: Dass nach den Wahlen dann doch über Steuererhöhungen geredet wird.“ NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) sagte dem Sender, die jetzige Debatte zeige, dass die Bundesregierung vorher gewusst habe, dass der Staat Einnahmen für seine Aufgaben brauche. „Und das Spiel ist nun, dass man gern einen Schuldigen hätte.“