Fraktionssitzung der Union CSU drängt CDU zu Wahl-Konsequenzen - Dämpfer für Kauder
Berlin (dpa) - CSU-Chef Horst Seehofer erhöht den Druck auf die CDU, Konsequenzen aus den schweren Wahl-Einbußen der Union zu ziehen. Man dürfe nach so einem Ergebnis „nicht zur Tagesordnung übergehen“, sagte Seehofer nach Teilnehmerangaben in der ersten Sitzung der neuen Unionsfraktion im Bundestag.
Er zeigte sich auch nach einem Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zuversichtlich, zu einer Verständigung zu kommen. Fraktionschef Volker Kauder (CDU) erhielt bei seiner Wiederwahl allerdings einen Dämpfer.
Seehofer sagte in Berlin: „Einfach jetzt so weiterzuarbeiten, wäre nicht gut.“ Die Union müsse der Öffentlichkeit deutlich machen: „Wir haben verstanden.“ Es gebe mit Merkel keinen Dissens darüber, nun zunächst unter den Schwesterparteien den Kurs für Gespräche mit möglichen Koalitionspartnern wie Grünen, FDP und SPD abzuklären. Dies gelte unter anderem für Zuwanderung, Sicherheit und Europa. Auch um das „ganze soziale Spektrum“ mit den Themen Rente, Familie, Pflege und Wohnen müsse sich die Union verstärkt kümmern.
Der bayerische Ministerpräsident betonte, dass das Verhältnis zwischen CDU und CSU trotz der angespannten Situation nach der Wahl „unverändert gut“ sei. „Ich habe die ganz große Zuversicht im Herzen, dass wir geschlossen diese Sondierungsgespräche als Union führen können.“ Es brauche kein Versöhnungstreffen. „Wir sind versöhnt.“ Ein zentraler Streitpunkt ist der Ruf der CSU nach einer Obergrenze für die Zahl der Flüchtlinge, die Merkel klar ablehnt.
Die Kanzlerin machte nach Teilnehmerangaben in der Fraktionssitzung deutlich, dass die Wähler merken sollten, dass man ihre Erwartungen verstanden habe. Für beide Koalitionsoptionen - ein Bündnis mit Grünen und FDP oder mit der SPD - gebe es „keinen Automatismus“. Es gehe aber um staatspolitische Verantwortung. Die Union hatte am Sonntag 32,9 Prozent erreicht, ihr schwächstes Ergebnis seit 1949.
Kauder wurde mit 77,3 Prozent als Fraktionsvorsitzender bestätigt, nachdem er bisher immer über 90 Prozent erhalten hatte. Er bekam 180 Ja-Stimmen. Unter den 239 abgegebenen Stimmen waren 53 Nein-Stimmen und sechs Enthaltungen. Der 68-Jährige ist seit 2005 Unionsfraktionschef. Zum CSU-Landesgruppenchef wurde Verkehrsminister Alexander Dobrindt gewählt. Er erhielt 41 Ja-Stimmen bei drei 3 Nein-Stimmen, einer Enthaltung und einer ungültigen Stimme.
Dobrindt kündigte eine stärkere Eigenständigkeit der CSU im neuen Bundestag an - auch im Verhältnis zur CDU. Er betonte, dass seine Partei und ihre Abgeordneten „kein 16. Landesverband der CDU sind, sondern eine eigenständige politische Kraft, die auch so eigenständig in Berlin wirken“ werde.