Dänische Grenzkontrollen starten mit Protesten
Kopenhagen/Frøslev/Berlin (dpa) - Begleitet von deutschen Protesten haben dänische Zöllner mit den umstrittenen neuen Grenzkontrollen begonnen. Beamte traten zunächst am Autobahn-Grenzübergang Frøslev-Ellund (deutsch Fröslee) bei Flensburg sowie an zwei Grenzübergängen zu Schweden in Aktion.
Sie sollen mit Stichproben den Schmuggel von Drogen, Waffen und großen Geldmengen wirksamer als bisher unterbinden. Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Jost de Jager (CDU) sagte, er habe auf dem Weg zur Tagung einer deutsch-dänischen Verkehrskommission „keine Veränderung gegenüber früheren Passagen“ über die Grenze festgestellt.
Die dänische Regierung hat immer wieder versichert, dass die gerade jetzt in Massen anreisenden deutschen Sommerurlauber keine Behinderungen befürchten müssten. In der „Bild“-Zeitung (Dienstag) forderte Hessens Europaminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) deutsche Urlauber wegen der neuen Kontrollen zur Entscheidung für andere Ferienziele auf. Hahn sagte: „Wenn Dänemark zur Urlaubszeit wieder Grenzkontrollen einführt, kann ich nur dazu raten, auf der Stelle umzudrehen und lieber in Österreich oder Polen Urlaub zu machen.“
Dänemarks für den Zoll zuständiger Steuerminister Peter Christensen nannte Hahns Äußerung „ziemlich schräg“. Der Nachrichtenagentur dpa sagte er: „Ein Aufruf zum Urlauberboykott ist doch einfach hysterisch. Ich weiß nicht, ob deutsche Wähler so einem schrägen Politiker hinterherlaufen.“ Man müsse den Verdacht haben, dass Hahn von der Ausformung der Kontrollen keine Ahnung habe.
Der außenpolitische Sprecher der rechtspopulistischen DVP, Søren Espersen, stufte Hahns Kritik in der Online-Ausgabe von „Jyllands-Posten“ als „Aussage eines allein stehenden fanatischen Extremisten“ ein. Die DVP aus dem Kopenhagener Regierungslager ist seit fast zehn Jahren treibende Kraft hinter der betont harten dänischen Ausländerpolitik. Sie hatte als Mehrheitsbeschafferin für Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen auch die neuen Grenzkontrollen verlangt und durchgesetzt.
Widerworte handelte sich Hahn auch beim Kieler Minister de Jager ein: „Aus Gründen der guten Nachbarschaft zu Dänemark möchte ich mich gegen solchen Populismus verwahren“, sagte de Jager der dpa. Auch wenn die Wiedereinführung der Kontrollen zweifellos unschön sei, solle man „die Kirche im Dorf lassen.“ Nach Einschätzung des Unions-Innenexperten Hans-Peter Uhl (CSU) dürfen die Mitgliedstaaten des grenzfreien Schengen-Raumes aber lediglich auf Grenzkontrollen zurückgreifen, wenn Gefahr im Verzug sei. „Diese Gefahr ist an der deutsch-dänischen Grenze nicht erkennbar“, sagte Uhl.
Die EU-Kommission sieht hingegen nach einer ersten Einschätzung keinen Verstoß gegen geltendes EU-Recht. „Dänemark hat versichert, dass es sich um stichprobenartige Kontrollen auf der Grundlage einer Risikoanalyse handelt“, sagte der Sprecher der zuständigen EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström am Dienstag in Brüssel. Dies sei nach dem Vertrag über den grenzkontrollfreien Schengen-Raum zulässig und werde auch von anderen Mitgliedsstaaten praktiziert.
Allerdings hat die EU-Kommission nach wie vor Bedenken, dass die Kontrollen in der Praxis doch anders ablaufen und gegen den freien Personenverkehr nach dem Schengen-Abkommen und den freien Warenverkehr nach dem EU-Vertrag verstoßen könnten. „Wir beobachten die Umsetzung sehr genau“, sagte der EU-Sprecher. Deshalb hatte Brüssel von Dänemark erläuternde Unterlagen verlangt. „Wir sind dabei, diese Dokumente zu prüfen.“
Dänemarks Zollbehörde hat für die Stichproben-Kontrollen zunächst 30 zusätzliche Beamte an Straßenübergängen zu Deutschland und 20 weitere unter anderem für Fähranleger und die Öresund-Querung mit Schweden abgestellt. Die Besetzung soll später verdoppelt und durch elektronische Überwachungseinrichtungen sowie neue Zollgebäude ergänzt werden.