Das große Aufräumen nach der NSU-Affäre
Heinz Fromm, geschasster Chef des Verfassungsschutzes, soll Licht ins Dunkel bringen.
Berlin. Sie sind ratlos. Manche auch konsterniert. Sie stellen Fragen. Und sie wollen ihn hören. Morgen soll Heinz Fromm (Foto), bis Ende des Monats noch Präsident des wegen Informationspannen und Aktenvernichtung in der Kritik stehenden Bundesamtes für Verfassungsschutz, in den Zeugenstand im NSU-Untersuchungsausschuss. Es geht um Aufklärung und, je nach Lesart, auch um Vertuschung, wie einige Abgeordnete des Bundestages argwöhnen.
Mit dem Bekanntwerden der Vernichtung von Dossiers über V-Leute im Umfeld des rechtsextremen „Thüringer Heimatschutzes“, zu dem Ende der 90er Jahre auch das für eine bislang beispiellose Mordserie verantwortliche Neonazi-Trio Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe gehörten, sind auch Forderungen nach einem Umbau des Verfassungsschutzes bis hin zur Abschaffung laut geworden.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hatte am Dienstag den Anfang gemacht. Arbeitsweise und Aufgabenstellung des Verfassungsschutzes müssten auf den Prüfstand. Was passiert sei, dürfe nicht passieren, so Friedrich mit Blick auf die vernichteten Geheimdienstakten. Der CSU-Politiker kündigte Konsequenzen an. Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde, Kenan Kolat, sagt, das Vertrauen in den Verfassungsschutz sei inzwischen „nicht mehr bei Null, sondern bei minus Null. Ich glaube überhaupt nichts mehr“.
Was war? Was ist? Was wird? Die Mitglieder des NSU-Untersuchungsausschusses können heute ein Stück mehr Wahrheit über die „Operation Rennsteig“ erlangen, mit welcher der Verfassungsschutz zwischen 1997 und 2003 Informationen über den rechtsextremistischen Thüringer Heimatschutz beschaffen wollte. 25 Akten zur „Operation Rennsteig“ liegen für die Abgeordneten in der Berliner Außenstelle des Kölner Bundesamtes zur Einsicht. Ungeschwärzt.
Bislang muss der Ausschuss mit der geschwärzten Version der Akten arbeiten. Nicht auszudenken, würde sich in den Akten mit den vom Verfassungsschutz geführten V-Leuten die Namen Böhnhardt, Mundlos oder Zschäpe finden. „Das wäre der Super-Gau“, so ein Abgeordneter.
Brisant: Der Referatsleiter der Abteilung Rechtsextremismus beim Bundesamt für Verfassungsschutz soll am 11. November 2011 das Schreddern der Akten mit Informationen über acht V-Leute angeordnet haben. Nur eine Woche zuvor hatten sich Böhnhardt und Mundlos selbst erschossen und Zschäpe die gemeinsame Wohnung in Zwickau in Brand gesetzt.