Bischof Müller wird oberster Glaubenshüter im Vatikan
Rom/Regensburg (dpa) - Papst Benedikt XVI. hat den Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller zum neuen Präfekten der einflussreichen Glaubenskongregation ernannt. Dies teilte der Vatikan am Montag mit.
Der 64 Jahre alte Geistliche wird damit zum obersten Glaubenshüter der katholischen Kirche.
Benedikt erhob Müller gleichzeitig mit dem Ruf nach Rom zum Erzbischof. Der Kirchenkritiker und Tübinger Theologe Hans Küng sprach von einer „katastrophalen Fehlbesetzung“.
Müller löst auf diesem wichtigen Posten in der römischen Kurie den amerikanischen Kardinal William Joseph Levada (76) ab, der in den Ruhestand tritt. Levada war als Präfekt der Kongregation Nachfolger von Joseph Ratzinger. Dieser hatte das Amt bis zu seiner Wahl zum Papst 2005 mehr als zwei Jahrzehnte lang inne.
Müller - ein gebürtiger Mainzer - war seit 2002 Oberhirte im Bistum Regensburg. Der 64-Jährige ist unter Theologen hoch angesehen. Er gilt aber auch als Hardliner im Klerus; Kirchenkritiker hat er oft mit scharfen Worten angegriffen. „Ich bin nicht konfliktsüchtig - aber auch nicht harmoniesüchtig“, sagte er einmal. „Ich gehe einfach den Weg, den man gehen muss.“
Die katholische Deutsche Bischofskonferenz (DBK) reagierte „mit großer Freude“ auf die Entscheidung des Papstes. „Die Deutsche Bischofskonferenz ist stolz, dass einer ihrer Mitbrüder künftig diese wichtige Aufgabe an der römischen Kurie wahrnehmen wird“, erklärte der DBK-Vorsitzende und Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch. Müller sei einer der „profiliertesten Theologen der Gegenwart“. Er habe als Professor für Dogmatik die zeitgemäße Darstellung des kirchlichen Glaubens weltweit geprägt.
Der katholische Theologe Hans Küng in Tübingen meinte dagegen zur Berufung Müllers, „als Präfekt der Glaubenskongregation ist dieser bornierte Scharfmacher fehl am Platz“. Wem an einer zeitgemäßen Verkündigung des christlichen Botschaft gelegen sei, der könne an einer solchen Entscheidung verzweifeln, sagte Küng am Montag der Nachrichtenagentur dpa. „Konflikte in der von Skandalen geschüttelten Kurie und römischen Kirche sind mit Müllers Ernennung vorprogrammiert.“ Küng war 1979 auf Initiative der Glaubenskongregation die kirchliche Lehrbefugnis entzogen worden.
Alois Glück, Vorsitzender des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), nahm Müller gegen Kritik in Schutz. „Bischof Müller ist ein weltweit anerkannter Theologe mit einer viel größeren Bandbreite, als viele vermuten“, sagte Glück. „Er tritt entschieden dafür ein, dass die Kirche sich um die soziale Gerechtigkeit kümmert.“
Das Landeskomitee der Katholiken in Bayern betonte, inhaltlich rücke Müller im Vatikan auf Platz zwei hinter dem Papst. Müller sei „mit seinem natürlich virilen Glauben, seinem weltpolitischen Verantwortungsbewusstsein sowie seiner theologischen Kompetenz und seinem ansteckenden Humor eine Idealbesetzung in diesen schwierigen römisch-vatikanischen Zeiten“, erklärte der Landeskomitee-Vorsitzende Albert Schmid.
Die Laienbewegung „Wir sind Kirche“ wünschte Müller „Gottes Segen“ für die neue Aufgabe, stellte ihm für seine Regensburger Zeit aber ein schlechtes Zeugnis aus: „Mit der Entlassung und Ausgrenzung von gewählten Laien aus diözesanen Gremien sowie der strengen Disziplinierung kritischer Priester hat er sehr schnell ein Klima der Unterwürfigkeit und Angst in seinem Bistum erzeugt“, hieß es in der „Wir sind Kirche“-Mitteilung. Auch im Umgang mit der evangelischen Kirche habe Müller Polarisierung und nicht Versöhnung betrieben.
Die „Kongregation für die Glaubenslehre“, so der offizielle Name der wichtigsten Vatikan-Behörde, ist die Nachfolgerin der Heiligen Inquisition, die in früheren Jahrhunderten für die Reinheit des Glaubens mit Gewalt gegen Andersgläubige und Kirchenkritiker vorging. Heute soll sie die Glaubens- und Sittenlehre in der katholischen Kirche fördern und schützen. Sie verfasst lehramtliche Dokumente und geht gegen religiöse Abweichungen vor.
Von seinem Vorgänger Levada übernimmt Müller auch die Leitung der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei, die sich vor allem mit den abtrünnigen erzkonservativen Piusbrüdern auseinandersetzt. Zudem wird er der Internationalen Theologenkommission und der Bibelkommission vorstehen. Seit langer Zeit war über einen Wechsel des vom Papst geschätzten Theologen nach Rom spekuliert worden. Nun wird auch mit seiner baldigen Ernennung zum Kardinal gerechnet.