Das neue Kabinett in Klausur: Viele Novizen, viele Streitpunkte
Treffen im Schloss Meseberg soll Stimmung in der Koalition heben. Regierung beschließt Schwerpunkte für 2014.
Berlin. Angela Merkel hat Politik immer als eine Art Gruppenarbeit und sich selbst als Moderatorin begriffen. Jeden vortragen lassen, ein bisschen diskutieren, gemeinsame Ziele formulieren und dann weitersehen, so geht sie vor. Am Anfang steht immer die Schaffung eines guten Gruppenklimas, jeder Teamleiter macht das so. Am liebsten in schöner, ruhiger Umgebung, also in einem Schloss. Alle ihre bisherigen Koalitionen begann die Kanzlerin auf diese Weise.
Und deshalb treffen sich auch die neuen Ministerinnen und Minister der großen Koalition ab Mittwoch im Gästehaus der Bundesregierung in Schloss Meseberg, rund 70 Kilometer nördlich von Berlin. Die Klausur kommt gerade recht, denn der Start der großen Koalition war eher mühsam.
Erst die langen Verhandlungen, dann vor Weihnachten schon manches Hickhack, noch ehe man überhaupt richtig regiert hatte. Etwa um das von Justizminister Heiko Maas (SPD) verschobene Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung oder die von der Union geforderten Ausnahmen beim Mindestlohn. Vor allem die Sozialdemokraten legten eine forsche Gangart ein. Gabriels schnelle Vorlage einer Reform des Erneuerbare Energien-Gesetzes, Andrea Nahles Renten-Entwurf, Frank-Walter Steinmeiers neue Akzente in der Außenpolitik. Die Kanzlerin war derweil durch ihren Beckenanbruch gehandicapt.
Am Mittwoch wechselt sie von der liegenden in die sitzende Position, und ab dann wird wirklich regiert. Ziel der zwei Tage ist es zum einen, sich über die Schwerpunkte für dieses Jahr zu verständigen. Jeder Minister soll vortragen, dann wird diskutiert. Schon jetzt ist klar, dass einige Themen dabei längere Debatten erfordern werden. Darunter der Mindestlohn.
Hier muss man sich auf ein Verfahren verständigen, wie die Ausnahmen gefunden werden sollen. Dass das Gesetz schnell kommen muss, ist klar, denn der Mindestlohn soll laut Koalitionsvertrag ab 2015 gelten. Länger reden wird man auch über das Rentenpaket, das sich bereits in der routinemäßigen Ressortabstimmung befindet. Allenfalls über die Finanzfragen wird man reden müssen, wegen des steigenden Steuerzuschusses zur Rentenversicherung.
Allerdings ist der Haushalt 2014 ohnehin ein Schwerpunktthema. Erklärtes Ziel: Die verabredeten Reformen finanzieren, aber trotzdem ab 2015 keine neuen Schulden mehr machen. Insider sagen voraus, dass es an diesem Punkt die intensivsten Diskussionen geben könnte.
„Es gibt Begehrlichkeiten von allen Seiten.“ Eine davon ist das reformierte Elterngeld inklusive ElterngeldPlus, über das Familienministerin Schwesig referieren wird. Verglichen mit den Klausuren 2006, als noch ein 25-Milliarden-Konjunkturpaket beschlossen wurde, oder 2009, als man 20 Milliarden an Steuersenkungen verabschiedete, wird man beim Geldausgeben diesmal aber eher bescheiden sein.
Dritter Schwerpunkt dürfte der Fortgang der Energiewende sein. Über das große Streitthema Maut wird auf der Klausur zwar geredet, aber noch nicht entschieden werden. Minister Dobrindt will erst später seinen Gesetzentwurf vorstellen, der die Quadratur des Kreises schaffen soll: Die Deutschen nicht belasten und andere Europäer nicht diskriminieren. Dobrindt darf dafür erläutern, wie es mit dem stockenden Ausbau der Elektromobilität weitergeht.