Debatte: Der Chefsessel als „frauenfreie Zone“
Die deutsche Wirtschaft hat Nachholbedarf bei der Förderung von Frauen.
Berlin. Das Protestplakat zeigt eine verkleidete Frau mit dunklem Männeranzug und dickem Schnauzbart. „Und so komme ich in den Chefsessel“, steht darunter. Etwa ein Dutzend Frauen des Deutschen Gewerkschaftsbundes demonstriert am Mittwoch beim Spitzentreffen der Wirtschaftsbosse von 30 Dax-Unternehmen und vier Vertretern der Bundesregierung in Berlin.
Während in anderen Ländern, vor allem in Skandinavien, immer mehr Frauen in Führungspositionen aufrücken, sind deutsche Chefetagen immer noch weitgehend „frauenfreie Zone“. Unter den 30 Vorstandsvorsitzenden gibt es keine einzige Frau.
In Sachen Frauenförderung macht die Bundesregierung den Unternehmen jetzt zwar Druck — aber immer noch zu wenig, wie die protestierenden Frauen und auch die Opposition finden. Mit Unternehmen über eine verbindliche Quote zu diskutieren, sei „so, als wolle man mit Gänsen über Weihnachten diskutieren“, spottete SPD-Chef Sigmar Gabriel. Grünen-Chefin Renate Künast sprach von einer „Show-Veranstaltung“.
Immerhin räumten die deutschen Unternehmensvertreter am Mittwoch Nachholbedarf in Sachen Frauenförderung ein. Hans-Peter Keitel, Chef des Bundesverbandes der deutschen Industrie, verlangte in einem Rundbrief mehr Kreativität bei der Frauenförderung. Von einer gesetzlichen Quote oder anderen verbindlichen Vorgaben der Politik wollten die 30 Dax-Unternehmen aber nach wie vor nichts wissen und verwiesen unter anderem auf die geringe Zahl weiblicher Bewerber in technikorientierten Unternehmen.
Familienministerin Kristina Schröder (CDU) hält derweil weiter an ihrem Konzept eines Stufenplans fest und will es — trotz der Ablehnung durch die Wirtschaft — noch in diesem Jahr in einen Gesetzesentwurf gießen. Inhaltlich bedeutet das: Gelingt es den Aufsichtsräten und Vorständen bis 2013 nicht, den bisherigen Frauenanteil in ihren Reihen zu verdreifachen, müssten sie sich demnach auf eine Frauenquote für ihren jeweiligen Aufsichtsrat festlegen. Adressaten des Schröder-Vorstoßes sind rund 1000 deutsche Großunternehmen.