Der Endspurt in Berlin läuft
Wer regiert künftig in der hoch verschuldeten Hauptstadt? Die Umfragen sehen Amtsinhaber Klaus Wowereit vorn.
Berlin. Berlin setzt mit der Wahl des Abgeordnetenhauses am Sonntag den Schlusspunkt unter das Superwahljahr 2011. Seit neuneinhalb Jahren wird die mit jetzt knapp 64 Milliarden Euro hoch verschuldete Hauptstadt von einer rot-roten Koalition regiert.
Für eine dritte Auflage des Bündnisses aus SPD und Linke reicht es voraussichtlich wegen der schwächelnden Linken nicht. Dass der nächste Regierungschef wieder Klaus Wowereit (57) heißt, gilt indes als sicher. Er und seine SPD liegen seit Mai in allen Umfragen vorn, zuletzt mit acht bis zehn Punkten Vorsprung vor CDU und Grünen.
Mit der Fraktionschefin im Bundestag, Renate Künast (55), haben die Grünen ein Schwergewicht als Herausforderin Wowereits aufgeboten. Lange lieferten sich SPD und Grüne ein Kopf-an-Kopf-Rennen in der Wählergunst.
Nun können die Grünen wahrscheinlich als Juniorpartner der SPD in den Senat einsteigen — wie schon im zweiten Halbjahr 2001 nach dem spektakulären Bruch der Großen Koalition. Künast wird nicht dabei sein. Sie werde nicht Stellvertreterin Wowereits, hatte sie von Anfang an klar gestellt. Rot-Grün wünschen sich auch die meisten Berliner.
Ein rot-grünes Bündnis gilt als das wahrscheinlichste. Wowereit könnte der Linken, die als pflegeleichterer Partner gilt, nicht wieder wie 2006 den Vorzug vor den Grünen geben. Die Linke unter ihrem Spitzenkandidaten Harald Wolf kämpfen dafür, noch ein paar Punkte zuzulegen.
Die oppositionelle CDU hat mit ihrem Spitzenkandidaten Frank Henkel in den vergangenen vier Wochen aufgeholt und könnte Platz zwei vor Grünen und Linken behaupten. Nach der eindeutigen Absage der Grünen an die CDU bliebe der Union nur eine große Koalition mit der SPD. Die schließt Wowereit zwar nicht so kategorisch aus wie vor fünf Jahren.
Doch große Chancen sieht der Regierungschef dafür nicht. Den bürgerlichen Bündnispartner FDP wird es für die CDU voraussichtlich nicht mehr geben. Die Liberalen müssen unter Landes- und Fraktionschef Christoph Meyer befürchten, aus dem Abgeordnetenhaus zu fallen.
Auf den neuen Senat warten schwere Aufgaben: Berlin hat mit 13,3 Prozent die höchste Arbeitslosigkeit aller Bundesländer, die meisten Hartz-IV-Empfänger und zu geringe Steuereinnahmen. Der Ruf der öffentlichen Schulen ist trotz ehrgeiziger Reformen schlecht. Zuletzt entwickelten sich die Nacht für Nacht auf Berlins Straßen brennenden Autos zum heiß umstrittenen Wahlkampf-Reizthema.