Der moderne Spion kommt übers Internet
Das Ausspähen von Dateien bereitet der Regierung immer mehr Sorge. China ist besonders aggressiv.
Berlin. Die Gefahr ist real, und sie wird immer größer. Über das Internet spionieren fremde Staaten in Unternehmen und Behörden, forschen Cyber-Spione die Geheimnisse der Bundesregierung und der Wirtschaftsmacht Deutschland aus. Auch die Infrastruktur für die Versorgung mit Energie oder Wasser könnte betroffen sein. 2011 will sich die Regierung deswegen mit einem eigenen nationalen Cyber-Abwehrzentrum deutlich stärker als bisher der Bedrohung aus dem Netz stellen.
Schon lange ist es nicht mehr so wie vor Jahrzehnten, als Spione per Minikamera wertvolles Wissen abfotografierten und sich dann aus dem Staub machten. Mindestens seit 2003 gibt es Berichte über Attacken aus dem Internet auf Behörden oder Wirtschaftsunternehmen — meist via E-Mail. Seit fünf Jahren beobachten deutsche Behörden solche Angriffe auch in der Bundesrepublik.
Die Spionageattacken gegen Bundesbehörden werden systematisch beobachtet — in enger Zusammenarbeit zwischen dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und dem Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Möglich ist das, weil es den Informationsverbund Berlin-Bonn gibt, ein Behördennetz mit kontrollierten Internetzugängen.
In den vergangenen beiden Jahren sind deutsche Regierungsstellen und Behörden immer stärker ins Visier der Spione geraten, die über das Netz kommen. Gab es im Jahr 2009 insgesamt 900 derartige Angriffe, waren es von Januar bis September 2010 schon rund 1600. Die meisten davon kamen aus China, ist sich das Innenministerium sicher. Schon vor Jahren hatten Untersuchungen zu der Einschätzung geführt, dass viele Netz-Attacken ihren Ursprung höchstwahrscheinlich in der Volksrepublik hatten.
China gilt den deutschen Geheimdiensten neben Russland auch in der Wirtschaftsspionage als Hauptakteur. In wissenschaftlichen Studien wird geschätzt, dass allein durch Wirtschaftsspionage oder die Ausspähung von Konkurrenz in Deutschland jährlich ein Schaden zwischen 20 und 50 Milliarden Euro entsteht. Betroffen sind häufig mittelständische Unternehmen.