Der Sieg des Rainer Brüderle

Der 65-Jährige bleibt Wirtschaftsminister. Viele in der Partei wollten, dass er seinen Platz zugunsten von Philipp Rösler räumt.

Berlin. Für Rainer Brüderle muss es Balsam für die Seele sein. Nach den heftigen Angriffen aus den eigenen Reihen wird er am Dienstag beim Sparkassentag von Hunderten Unternehmern in einem West-Berliner Luxushotel gefeiert.

Brüderle hält dort eine Rede, mit der er seinen Ruf als „Mister Mittelstand“ untermauern will. Als die Moderatorin fragt, ob er weiter für die FDP am Kabinettstisch sitzt, macht der 65-Jährige mit den Armen eine Geste, die viele im Saal als Siegerpose werten: „Ich bin stabil!“

Ein paar Stunden später ist klar, dass der von seinen Gegnern durchgespielte Wechsel des designierten FDP-Chefs Philipp Rösler vom Gesundheits- ins Wirtschaftsressort vom Tisch ist. Darüber war spekuliert worden, weil das Amt des Gesundheitsministers mit unpopulären Entscheidungen verbunden sein kann — nicht hilfreich für einen Parteivorsitzenden.

Neben Wirtschaftsflügel und Parteibasis ist der Mittelstand die eigentliche Hausmacht von Brüderle, der seit vier Jahrzehnten Politik macht. Fleiß, Lebensfreude und das richtige Vitamin B haben ihn geprägt. Sein Vater führte bis weit über 80 einen Krämerladen in Landau, wo der Sohn das Einmaleins des Kapitalismus lernte.

Diese Selbstständigen, Familienunternehmer und Handwerker sind heute für die FDP ein vielleicht überlebenswichtiges Milieu, aus dem viele Spenden kommen. Das sehen in der FDP aber nicht alle so. In einigen Landesverbänden war Brüderle aufgefordert worden, Platz für einen Generationenwechsel zu machen.

Für Kritiker steht er für die verbrauchte Führungsriege, die die Wahlpleiten in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zu verantworten habe. Auch hängt Brüderle nach, dass er beim Plausch mit Industriebossen das Atom-Moratorium als Wahlkampftrick beschrieben haben soll.

Dabei hat Brüderle in der Finanzkrise mehrfach bewiesen, dass er einen klaren wirtschaftspolitischen Kompass hat. International machte der Volkswirt eine gute Figur, als er den kranken Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf G20-Ebene vertrat und im Streit um Exportquoten US-Finanzminister Timothy Geithner die Stirn bot.

Um seine internen Gegner zu besänftigen, gab Brüderle zuletzt nach 28 Jahren den Verzicht auf den FDP-Landesvorsitz in Mainz bekannt. Parallel startete er eine PR-Kampagne in eigener Sache. Er skizziert eine Agenda, wie die FDP mit liberalen Brot-und-Butter-Themen aus der Krise kommen soll.