Visafreiheit seit einem Jahr Deutlich mehr unbegründete Asylanträge von Georgiern

Brüssel (dpa) - Deutschland und andere EU-Staaten sehen sich seit dem Wegfall der Visumpflicht für Georgier mit einer drastisch gestiegenen Zahl unbegründeter Asylanträge konfrontiert.

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Nach aktuellen Statistiken registrierten allein deutsche Behörden zuletzt rund drei Mal so viele Erstanträge von Georgiern wie vor der Visaliberalisierung Ende März 2017. So waren es in den ersten drei Monaten des vergangenen Jahres zusammen 601 Erstanträge und im gleichen Quartal dieses Jahres 1771. Ähnliche oder sogar noch deutlichere Anstiege registrieren laut Statistikamt Eurostat Länder wie Frankreich, Schweden und Italien.

Heikel ist das vor allem, weil Kritiker genau diese Entwicklung befürchtet hatten. Sie warnten auch immer wieder davor, dass die Visumfreiheit durch georgische Kriminelle ausgenutzt werden könnte.

Auf die EU könnte nun die Diskussion zukommen, ob erstmals ein neuer Mechanismus zur Aussetzung der Visumfreiheit genutzt werden sollte. Er kann bei einem erheblichen Anstieg der Zahl unbegründeter Asylanträge aktiviert werden oder zum Beispiel dann, wenn die Einreisenden für Sicherheitsprobleme sorgen.

Zumindest der Asyl-Punkt scheint angesichts der Bewerberzahlen und der hohen Ablehnungsquote gegeben. Von den 6340 Asylverfahren von Georgiern, die 2017 in Deutschland entschieden wurden, endeten lediglich rund 130 mit einer Entscheidung, die die Antragsteller dauerhaft oder zumindest vorläufig vor der Abschiebung schützt. Dies entspricht einer Schutzquote von gerade mal zwei Prozent.

Die für den Mechanismus zur Aussetzung der Visumfreiheit zuständige EU-Kommission ist sich nach eigenen Angaben des Problems bewusst. Sie will aber vorerst weiter versuchen, den Missbrauch der Visumfreiheit durch eine enge Zusammenarbeit mit der georgischen Regierung einzudämmen. „Wir hoffen, dass wir bald konkrete Ergebnisse sehen“, sagte eine Sprecherin auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.

Nach jüngsten Zahlen des Bundesamts für Migration könnte dies in Deutschland bereits der Fall sein. Nach dem Spitzenwert von 695 georgischen Asylanträgen im Januar wurden im März nur noch 490 gezählt. Dies waren allerdings immer noch mehr als doppelt so viele wie im März 2017.

Nach EU-Angaben hat Georgien nun beispielsweise eine öffentliche Kampagne zugesichert, die seinen Staatsbürgern die Aussichtslosigkeit eines Asylantrags in EU-Staaten deutlich machen soll. Unterstützend will das deutsche Innenministerium Georgien schon bald als sicheres Herkunftsland einstufen. Dadurch könnten Zuwanderer deutlich leichter abgeschoben werden.

Dass so viele Georgier trotz der verschwindend geringen Aussicht auf Asyl nach Europa kommen, hat nach Ansicht von Experten vor allem etwas mit der hohen Arbeitslosigkeit und der weit verbreiteten Armut in dem Land zu tun. In Deutschland bekommen sie während des Asylverfahrens zum Beispiel die Unterkunft sowie Essen und Kleidung gestellt. Wenn sie nicht in einer Gemeinschaftsunterkunft wohnen, können die Grundleistungen auch ausgezahlt werden. Zudem gibt es ein monatliches Taschengeld von bis zu 135 Euro für den persönlichen Bedarf.

In Georgien selbst lag das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf und Monat zuletzt gerade einmal bei umgerechnet etwa 280 Euro. Zum Vergleich: In Deutschland erreichte es 2017 knapp 3300 Euro.