Prozess in München NSU-Prozess: Strammer Zeitplan für die letzten Plädoyers

München (dpa) - Am 6. Mai vor fünf Jahren begann der NSU-Prozess gegen Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Helfer des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) vor dem Oberlandesgericht München.

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Zuletzt gab es immer wieder Verfahrensstreitereien und Befangenheitsanträge.

Aber jetzt, nachdem die erste Verteidigergruppe der Hauptangeklagten Beate Zschäpe plädiert hat, scheint das Urteil in greifbarer Nähe. Das Gericht hat einen strammen Zeitplan für die nächsten Plädoyers festgelegt - die Schlussvorträge für die vier Mitangeklagten, die neben Zschäpe auf der Anklagebank sitzen.

CARSTEN S. Seine zwei Verteidiger sollen an diesem Mittwoch und Donnerstag plädieren. Der 38-Jährige ist wegen Beihilfe zum Mord angeklagt, weil er den beiden Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt die Mordwaffe vom Typ „Ceska“ nach Chemnitz gebracht haben soll, also die Pistole, die bei allen rassistisch motivierten Morden des NSU verwendet wurde. Das hat er auch gestanden. S. soll dabei im Auftrag von Ralf Wohlleben gehandelt haben. Die Bundesanwaltschaft hat für ihn drei Jahre Jugendstrafe beantragt - deshalb, weil er zur Tatzeit noch nicht 21 Jahre alt war. S. befindet sich auf freiem Fuß und lebt in einem Zeugenschutzprogramm.

ANDRÉ E. Seine beiden Pflichtverteidiger sollen am 8. Mai plädieren. Der 38-Jährige soll dem NSU-Trio bis zum Schluss bei der Tarnung geholfen zu haben. Als die Polizei wegen eines Wasserschadens im Haus einer Fluchtwohnung ermittelte, soll er Beate Zschäpe zu einer Vernehmung begleitet und sie als seine Ehefrau ausgegeben haben. Er soll eine Wohnung und Fahrzeuge organisiert haben. Die Bundesanwaltschaft hat 12 Jahre Gefängnis für ihn beantragt. E. wurde nach dem Anklageplädoyer vergangenen September in Untersuchungshaft genommen. Seitdem deckt er das Gericht immer wieder mit Beweis- und Befangenheitsanträgen ein. Die Bundesanwaltschaft hat die Abtrennung seines Verfahrens beantragt. Die Entscheidung darüber hat das Gericht zurückgestellt.

HOLGER G. Seine beiden Pflichtverteidiger sollen am 9. Mai plädieren. Der 43-Jährige beantragte auch nach eigenem Eingeständnis Ausweispapiere auf seinen Namen, aber mit Böhnhardts Passfoto. Böhnhardt verfügte so über echte Behördendokumente. G. stellte sich außerdem wiederkehrenden „Systemchecks“. So nannten die NSU-Mitglieder Treffen, bei denen sie die Lebensverhältnisse von G. abfragten und so das Wissen um Böhnhardts Tarnidentität aktualisierten. Die Bundesanwaltschaft hat fünf Jahre Gefängnis für G. beantragt. Er befindet sich auf freiem Fuß und reist für jede Verhandlungswoche nach München an.

RALF WOHLLEBEN. Seine drei Verteidiger sollen vom 15. bis 17. Mai plädieren. Der 43-Jährige ist angeklagt, weil er nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft die Beschaffung der Mord-„Ceska“ organisiert haben soll. Die Anklage hält ihn für eine „steuernde Zentralfigur“ beim Aufbau des NSU und hat wegen Beihilfe zum Mord 12 Jahre Gefängnis für ihn beantragt. Wohlleben bekennt sich offen zu seiner „nationalistischen“ Gesinnung. Er war Funktionär der NPD. Gewalt lehne er aber ab, sagte er im Prozess. Von den Morden habe er nichts gewusst. Seine Verteidiger haben in den vergangenen Monaten vergeblich versucht, einen alternativen Beschaffungsweg der Mord-Ceska zu beweisen. Allerdings hielt es das Gericht zuletzt für möglich, es könne eine weitere Pistole gleichen Typs geben, die sich die Terroristen auf ungeklärte Weise beschafft haben könnten. Wohlleben sitzt seit sechseinhalb Jahren in Untersuchungshaft.

Die letzten Plädoyers sollen danach die drei Rechtsanwälte Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm halten, die drei ursprünglichen Verteidiger von Beate Zschäpe. Ein Termin für ihr Plädoyer steht noch nicht fest.

Anschließend haben die Angeklagten das letzte Wort. Auch dafür gibt es noch keinen Termin. Dann folgt das Urteil. Läuft alles nach Plan könnte der Prozess im Juli vorbei sein. Im NSU-Prozess hat es allerdings Tradition, dass Terminpläne nicht immer funktionieren.