Interview Die Grünen, eine Multi-Koalitionspartei

Stuttgart. Grün-Schwarz in Baden-Württemberg ist für den Bremer Politik- und Parteienforscher Lothar Probst noch kein Beleg dafür, dass die Grünen zur Volkspartei werden. Dazu gehöre insgesamt auch eine innere Entwicklung, so Probst im Gespräch mit unserer Zeitung.

Lothar Probst

Foto: Lothar Probst

WZ: Herr Probst, bleibt Grün-Schwarz in Baden-Württemberg ein Einzelfall?

Probst: Vorläufig ja. Aber wir haben wie in Hessen schon die umgekehrte Reihenfolge. Zumindest diese Farbkombination werden wir sicherlich auch in Zukunft das eine oder andere Mal erleben.

WZ: Könnte man nicht auch sagen, die Grünen sind jetzt auf dem Weg zur Volkspartei?

Probst: Ich glaube nicht, dass die Grünen allein durch Koalitionen Schritte in Richtung Volkspartei machen. Dazu gehört auch eine innere Entwicklung. Dass man also einen Kurs verfolgt, der ähnlich wie der von Winfried Kretschmann darauf abzielt, Volkspartei zu werden. Im Moment sind die Grünen auf Bundesebene davon aber noch weit entfernt, wenn man sich zum Beispiel die Debatten über das Verhältnis von Ökologie und Wirtschaft anschaut. Oder darüber, wie man mit Führungsfiguren wirken will.

WZ: Was bedeutet es für Angela Merkel, dass die CDU nun Juniorpartner der Grünen ist?

Probst: Das ist zunächst einmal eine sehr ungewohnte Situation. Aber für Merkel könnte das letztlich gar nicht so schlecht sein. Ihr bieten sich neue Optionen dadurch, dass die Grünen jetzt zu einer Multi-Koalitionspartei werden - in Rheinland-Pfalz koalieren sie mit der SPD und der FDP, in Hessen und Baden-Württemberg mit der CDU. Das erweitert auch für Merkel den Handlungsspielraum. Und entscheiden sich die Grünen mit Blick auf die Bundestagswahl für einen Kretschmann-Kurs, rücken sie stärker in die Mitte des Parteiensystems, wo Merkel sich schon befindet. Das ist für sie dann auch ein Vorteil in der Auseinandersetzung mit der AfD.

WZ: Trauen Sie der CDU, wenn sie sagt, sie will mit der AfD nichts zu tun haben?

Probst: Gegenwärtig wird man in der CDU davon die Finger lassen. Jedenfalls, so lange Angela Merkel das Sagen hat. Sollte die AfD allerdings eine rechts-konservative, aber demokratische Partei werden, dann könnte die Union in Versuchung geraten, mit der AfD in dem einen oder anderen Landesverband zu koalieren. Aber bis dahin ist es noch ein langer Weg. Und der ist vermutlich weiter als der für die Grünen, Volkspartei zu werden.