Analyse Die Kirchen und das Kreuz mit den Rechtspopulisten

Die AfD will auch vermehrt christliche Wähler ansprechen — schießt dabei aber immer wieder Eigentore.

Die Teilnehmer einer Gegendemonstration halten ein Transparent mit der Aufschrift "Nächstenliebe verlangt Klarheit - Evangelische Kirche gegen Rechtsextremisus".

Foto: Sebastian Kahnert

Berlin. „Nun sag, wie hast du’s mit der Religion?“ lautet die Frage, die Volker Münz am 12. Mai beim Katholischen Kirchentag in Münster beantworten soll. So lautet das Thema einer Podiumsdiskussion, zu der der 53-jährige kirchenpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion eingeladen ist. Was kirchenintern sehr umstritten ist. Münz wird die Frage für sich guten Gewissens beantworten können; er ist daheim im schwäbischen Uhingen in seiner Gemeinde aktiv. Für seine Partei sieht es schon anders aus.

Als ambivalent muss man die Haltung der Rechtskonservativen zu den Kirchen wohl umschreiben, und das ist noch freundlich formuliert. Auf der einen Seite stehen starke Bezüge zum Christentum, vor allem in Abgrenzung zum Islam. Auch in den familienpolitischen Positionen findet sich manches wieder, was kirchenkompatibel ist, etwa die Betonung der Ehe von Mann und Frau.

Die AfD umwirbt in solchen Fragen die gleiche Wählerschaft wie CDU und CSU. Aktuell versucht sie das im Bundestag mit einem Antrag zur Christenverfolgung, ein Thema, das bisher vor allem Unions-Fraktionschef Volker Kauder bearbeitet hatte. „In der Tat stehen wir hier in Konkurrenz mit der Union“, räumte Fraktionsgeschäftsführer Jürgen Braun ein.

In dem Papier, das am Donnerstag am späten Abend auf der Tagesordnung stand, heißt es, die Verfolgung und Diskriminierung von Andersgläubigen sei „nachweislich ein Wesensmerkmal von islamisch geprägten Staaten“. Die Regierung solle ihnen Entwicklungshilfe kürzen, Handelsprivilegien streichen, die Ausstellung von Visa einschränken und die politischen Eliten sanktionieren. Außerdem solle es — erstaunlich für die AfD — Flüchtlingskontingente für verfolgte Christen geben.

Starke Differenzen in der Flüchtlingsfrage

Fraglich ist, ob solche Vorstöße reichen, um das Verhältnis zu den Kirchen zu verbessern. Denn die Kontroverse um die Flüchtlingspolitik bleibt. 2017 war die Stimmung bei zwei Gelegenheiten deshalb regelrecht explodiert. Einmal beim Frühjahrsparteitag der AfD im April in Köln, als Kirchenvertreter sich an den Protesten gegen die Rechtspopulisten mit dem Slogan „Unser Kreuz hat keine Haken“ beteiligten. Das brachte AfD-Bundesvorstandsmitglied Armin-Paul Hampel damals zu dem Aufruf: „In dem Verein sollte keiner von uns mehr Mitglied sein.“ Und im Wahlkampf erklärte der evangelische Bischof Markus Dröge, man habe ein Glaubwürdigkeitsproblem, wenn man zugleich Christ und AfD-Mitglied sei. Was Parteichefin Alice Weidel mit der Bemerkung konterte, die Amtskirchen seien „durch und durch politisiert“ und spielten „die gleiche unrühmliche Rolle, die sie auch im Dritten Reich gespielt haben“. Starker Tobak.

Eingetrübt wird das Verhältnis auch durch eine gerade veröffentlichte kleine Anfrage der Rechten, in der es um Schwerbehinderte ging. Dass die AfD genaue Zahlen über Schwerbehinderte mit Migrationshintergrund haben wollte, empörte weniger als der Hinweis der Fragesteller, eine britische Studie habe festgestellt, dass Inzucht eine große Rolle spiele. Da die Bundesregierung antwortete, man sammele keine Daten über den Familienstand der Eltern von Kindern mit Behinderung, kam die AfD in der Sache nicht weiter, hatte aber im Internet einen Shitstorm am Hals. Und diverse Anzeigen wegen Volksverhetzung.

Münz wird es bei seinem Auftritt in Münster schwer haben, gute Stimmung für seine Partei zu machen.