Die SPD und die Steuer-Verwirrung

Partei will offenbar ihre Erhöhungspläne abschwächen. Das führt zu Konflikten.

Berlin. Dass ihre Steuererhöhungspläne beim Wahlvolk nicht eben gut ankommen, ist auch der SPD-Führung nicht entgangen. Jetzt geben Parteichef Sigmar Gabriel und Kanzlerkandidat Peer Steinbrück den Bürgern das Signal, dass alles vielleicht gar nicht so schlimm wird — wenn es gelinge, das fehlende Geld durch Maßnahmen gegen das Steuerdumping in Europa aufzutreiben.

Urvater des verbalen Kurswechsels ist Hessens SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel, der in einem Gastbeitrag eine „Nulltoleranz“-Politik gegen Steuerdumping gefordert hatte. „Wenn wir in spürbarem Umfang mehr Steuern einnehmen, haben die Bürgerinnen und Bürger auch das Recht, davon zu profitieren. Dann können wir auch ernsthaft über Entlastungen reden.“ Vor allem Steinbrück fand diese Idee gut, denn er wird immer wieder gefragt, warum die SPD nur Steuern erhöhen wolle und nicht zum Beispiel die Kalte Progression abmildere. „Weil dafür die Spielräume fehlen“, war bisher seine Antwort.

Nun soll das Thema „Kampf dem europäischen Steuerdumping“ bundesweit gefahren werden. Es geht um eine Harmonisierung der Unternehmenssteuern in Europa. Zur Begründung, warum man das Thema erst jetzt entdecke, führte Gabriel an, dass erst vor zwei Monaten bekanntgeworden sei, wie viel Geld die Unternehmen durch die unterschiedliche Gesetzgebung in Europa sparten: rund eine Billion Euro. Allein auf Deutschland entfielen dabei rund 160 Milliarden. Tatsächlich stammt die EU-Schätzung von einer Billion Euro Steuerausfällen allerdings schon aus dem Februar.

Bei der Kommunikation nach außen geriet Gabriel noch mehr durcheinander. Er verband den Kampf gegen Steuerhinterziehung und -dumping nicht nur mit der Aussicht auf Entlastungen, sondern mit dem Hinweis, dass eine SPD-geführte Regierung, falls man auf diese Weise genug Geld gewinne, „auf alle Steuererhöhungen verzichten“ könne. Das rief die Parteilinke auf den Plan, die auf Steuererhöhungen pocht.

Gabriel mühte sich am Montag, die Dinge gerade zu rücken. „Das Steuererhöhungskonzept gilt und steht am 22. September zur Wahl“, sagte er. Spitzenkandidat Steinbrück versuchte ebenfalls eine Klarstellung: „Wenn wir nachweislich erfolgreicher sind bei der Bekämpfung von Steuerbetrug, dann kann man darüber nachdenken, ob man Steuersätze auch wieder senkt. Aber in dieser Reihenfolge bitte.“