Doktorarbeit Familienministerin Franziska Giffey hat nur ein bisschen geschummelt
Seit ihrem rasanten Aufstieg zur Bundesfamilienministerin war Giffey in der SPD für weitere große Aufgaben gehandelt worden. Doch sie will trotz Beibehaltung ihres Doktor-Titels nicht SPD-Chefin werden.
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) kann ihren Doktortitel behalten. Parteivorsitzende will sie aber trotzdem nicht werden, wie die Sozialdemokratin am Donnerstag deutlich machte. Spekulationen über ihre weitere politische Zukunft gibt es dennoch.
Die Hoffnungsträgerin der SPD war gestern auf Dienstreise. In Mainz unterzeichnete Franziska Giffey mit rheinland-pfälzischen Regierungsvertretern einen Vertrag über Finanzhilfen des Bundes zur Verbesserung der Betreuungsqualität, der auf ihr vielgepriesenes „Gute-Kita-Gesetz“ zurückgeht. Bei dieser Gelegenheit stellte die 41jährige Genossin auch klar, dass sie in das Findungsverfahren für den SPD-Vorsitz nicht mehr eingreifen wolle.
Seit ihrem rasanten Aufstieg von der Bezirksbürgermeisterin in Berlin-Neukölln zur Bundesfamilienministerin war Giffey in der Partei für weitere große Aufgaben gehandelt worden. Doch dann sah sie sich mit Vorwürfen konfrontiert, bei ihrer Doktorarbeit geschummelt zu haben. Giffey bat daraufhin im Februar die Freie Universität (FU) Berlin um Einleitung eines Prüfverfahrens, nachdem die Website „VroniPlag“ auf zahlreiche Fehler und Plagiate in ihrer 2010 verfassten Dissertation über eine bürgernahe EU-Politik hingewiesen hatte. Weil das Prüfergebnis länger auf sich warten ließ, verzichtete Giffey auf eine mögliche Kandidatur für den Parteivorsitz, den Andrea Nahles Anfang Juni hingeschmissen hatte.
Seit Mittwochabend nun steht fest, dass Giffey sich weiter Doktorin der Politikwissenschaft nennen darf. Die FU Berlin erteilte ihre zwar eine Rüge, weil sie die Standards wissenschaftlichen Arbeitens nicht durchgängig beachtet habe. Sie bescheinigte Giffey aber auch, dass es sich bei ihrer Dissertation „um eine eigenständige wissenschaftliche Leistung handelt“. An Giffeys Verzicht auf eine Kandidatur für die SPD-Spitze ändert die neue Lage aber nichts. Mit Blick auf die Tatsache, dass bereits 23 Regionalkonferenzen und eine erste Mitgliederbefragung zur Bestimmung einer neuen Führung abgehalten wurden, meinte Giffey in Mainz: „Ich habe mich am Anfang des Verfahrens aus besagten Gründen entschieden, nicht anzutreten, und zum jetzigen Zeitpunkt des Verfahrens kann ich ihnen sagen, werde ich auch bei dieser Entscheidung bleiben“.
In der SPD wurde das Prüfergebnis der FU Berlin mit Erleichterung aufgenommen. Parteivize Ralf Stegner sagte unserer Redaktion: „Wir sind alle froh, dass diese leidige Angelegenheit überstand ist und Franziska Giffey sich wieder mit aller Kraft um sozialdemokratische Familienpolitik kümmern kann“. Was die Wahl des SPD-Vorsitzes angehe, „so wäre es nicht angemessen, in den laufenden Prozess einzugreifen“, betonte Stegner. Alles andere würde „die Mitbestimmung der Mitglieder völlig konterkarieren“.
In dem laufenden Bewerbungsverfahren sind bislang zwei Kandidatenduos erfolgreich gewesen. Ob am Ende Finanzminister Olaf Scholz im Tandem mit der Landtagsabgeordneten Klara Geywitz aus Brandenburg das Rennen macht oder das Duo aus Ex-NRW- Finanzminister Norbert Walter-Borjans und der Bundestagsabgeordneten Saskia Esken, entscheidet sich in einer weiteren Mitgliederbefragung, die vom 19. bis 29. November stattfindet. Auf dem SPD-Parteitag Anfang Dezember in Berlin soll dann die endgültige Entscheidung fallen. Rein theoretisch könnten sich auch dort noch weitere Bewerber zu Wahl stellen. Laut Geschäftsordnung müssten sie dazu die Unterstützung von jeweils mindestens 50 Delegierten aus drei verschiedenen Landesverbänden nachweisen.
Dass Giffey diesen Weg geht, ist nach ihrer jetzigen Absage ausgeschlossen. Wohl aber könnte sie sich in den kommenden Jahren erneut für den Parteivorsitz ins Gespräch bringen. In SPD-Kreisen wurde gestern auch spekuliert, dass Giffey zu einem späteren Zeitpunkt in die Berliner Landespolitik wechselt. Ihr Parteifreund, der Regierende Bürgermeister Michael Müller, gilt als angeschlagen. Zumindest bis zur nächsten Bundestagswahl ist ihre Perspektive aber glasklar: „Meine Arbeit als Bundesfamilienministerin setze ich weiter mit großem Engagement und viel Freude fort“, hatte Giffey schon am Mittwochabend in einer ersten Reaktion auf die Entscheidung der FU erklärt.