Drei von vier Bürgern für völlige Gleichstellung der Homo-Ehe
Berlin (dpa) - Für die Befürworter einer völligen Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit der traditionellen Ehe und Familie gibt es viel Rückenwind aus der Bevölkerung. Drei von vier Bürgern (74 Prozent) würden nach einer Umfrage eine solche politische Lösung begrüßen.
In der Union ging die Diskussion über das Thema am Mittwoch unvermindert weiter: Lesben und Schwule in der Union boten der Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel sowie der Unionsfraktion Gespräche und sachliche Mitarbeit bei der Suche nach Lösungen an.
Nach einer Forsa-Erhebung für das Magazin „Stern“ treten selbst rund zwei Drittel der Unionswähler (64 Prozent) für eine völlige Gleichstellung ein. Unter allen Befragten sprechen sich 23 Prozent dagegen aus, 3 Prozent sind unentschieden. Am stärksten befürworten Wähler der Grünen (86 Prozent) und der SPD (82 Prozent) die Gleichstellung. Aber auch die Anhänger von FDP (71 Prozent) und Linkspartei (70 Prozent) sind mit großer Mehrheit dafür. Befragt wurden 1005 repräsentativ ausgesuchte Bundesbürger am 21. und 22. Februar (Fehlertoleranz: plus/minus 3 Prozentpunkte).
Besonders heftig wird in der Union über das Thema gestritten. Vertreter des konservativen Flügels und der CSU lehnen es strikt ab, etwa das steuerliche Ehegattensplitting auf gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften auszuweiten. In einer Aktuelle Stunde im Bundestag prallten die Auffassungen erneut aufeinander. Vor allem der CSU-Abgeordnete Norbert Geis rief mit dem Vorwurf, die Opposition wolle den grundgesetzlich garantierten Schutz von Ehe und Familie ohne die notwendige Zweidrittelmehrheit ändern, heftige Kritik aus den Reihen von SPD, Grünen und Linken hervor.
Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, nach dem jüngsten Adoptionsurteil des Bundesverfassungsgerichts prüfe die Regierung, in welchem Umfang Änderungen im Adoptionsrecht vorgenommen werden müssten. „Ob dann darüber hinaus gegebenenfalls weitere Konsequenzen aus diesem Urteil zu ziehen sind, auch das prüft die Bundesregierung.“
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) wiederholte ihren Appell an die Union, sich einer steuerlichen Gleichstellung nicht zu verschließen. „Mein Ministerium hat einen fertigen Gesetzentwurf in der Schublade. Der kann noch vor der Sommerpause in Kraft treten“, sagte sie „Spiegel Online“.
Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) sprach sich für die steuerliche Gleichstellung von Homo-Ehen aus. Das Ehesplitting sollte aber von einem Familiensplitting abgelöst werden, sagte sie der „Thüringer Allgemeinen“.
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe wies über einen Sprecher einen „Bild.de“-Bericht zurück, wonach die Parteispitze eine völlige Freigabe von Adoptionen für eingetragene Partnerschaften plane. Das Onlineportal hatte berichtet, nach dem Willen von Kanzleramtsminister Ronald Pofalla und Gröhe solle noch vor der Sommerpause ein entsprechender Gesetzesvorstoß auf den Weg gebracht werden. Dahinter stehe die Sorge, eine solche Initiative könnte über den Bundesrat von der Opposition eingebracht werden und im Zuge eines Vermittlungsverfahrens im Bundestag zur Abstimmung stehen.
Die Unionsfraktion hatte sich am Dienstag darauf geeinigt, bis zur nächsten Fraktionssitzung am 12. März zu beraten und anschließend zeitnah zu entscheiden. Im Kern geht es darum, ob es rasch eine große Lösung geben oder ein bis zum Sommer erwartetes Urteil zur steuerlichen Gleichstellung abgewartet werden soll.
Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dürfen Schwule und Lesben in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft künftig Adoptivkinder ihres Partners oder ihrer Partnerin adoptieren. Für eine gesetzliche Neuregelung setzte das Gericht eine Frist bis zum 30. Juni 2014. Die Richter ordneten an, dass eine Sukzessivadoption ab sofort möglich ist.