Schwarz-Gelbes Fracking-Gesetz stößt auf Widerstand
Berlin (dpa) - Die Bundesregierung rechnet trotz gegenteiliger Befürchtungen der Opposition mit keinem Boom bei der umstrittenen Gasförderung aus tiefen Gesteinsschichten in Deutschland.
„Mit dem Gesetzentwurf wird Fracking in Trinkwasserschutzgebieten grundsätzlich verboten und für alle anderen Bereiche wird es strenge Umweltverträglichkeitsprüfungen geben“, betonte Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) am Dienstag in Berlin nach einer Einigung mit Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP). „Der Bundesumweltminister hat hier auf die Bremse getreten.“
Die Opposition sprach hingegen von einem „Fracking-Fördergesetz“. Statt zunächst zu erforschen, welche Auswirkungen die eingesetzten Chemikalien haben, werde der Technologie Tür und Tor geöffnet. Bürger fürchten durch die Chemie eine Verseuchung des Grundwassers. Altmaier wies die Sorgen zurück. Die Umweltverträglichkeitsprüfungen würden sicherstellen, dass keine Fracking-Anträge genehmigt werden, bis alle kritischen Fragen beantwortet seien. Der Gesetzentwurf sei ein Signal, „dass wir Ernst machen mit dem Umweltschutz“.
Rösler betonte hingegen die Chancen der Technik, die in den USA die Energiepreise hat purzeln lassen. „Fracking bietet erhebliche Chancen, wir müssen aber immer mögliche Auswirkungen auf die Umwelt im Auge haben“, sagte er. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) betonte, es sei richtig, Fracking nicht generell zu verbieten. „Bürokratische Genehmigungsverfahren dürften nicht Investitionen behindern“, forderte BDI-Hauptgeschäftsführer Markus Kerber.
Bei der neuen Fördertechnik wird mit hohem Druck unter Einsatz von Wasser, Sand und Chemikalien das Gestein aufgebrochen, damit das Gas durch feine Risse großflächig entweichen kann. Fracking gibt es seit Jahrzehnten in Deutschland, nicht aber die neuartige Förderung per Horizontalbohrungen in tiefen Schichten. Die Hauptgebiete mit Vorkommen liegen in Niedersachsen und Teilen Nordrhein-Westfalens.
Das Umweltbundesamt (UBA) schätzt in einer Studie, dass sich mit den vermuteten Schiefergasvorkommen der deutsche Gasbedarf für bis zu 13 Jahre decken ließe. Da aber 14 Prozent der Landesfläche als Wasserschutzgebiete ausgewiesen sind, dürfte das Potenzial weit geringer sein. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe sieht sogar Vorkommen, die den Gasbedarf 27 Jahre lang decken könnten. Der am Fracking interessierte Chemiekonzern BASF begrüßte den Entwurf. „Das ist wichtig für unsere Branche“, sagte Konzernchef Kurt Bock. Fracking dürfe kein Angstthema werden. In Deutschland wittert unter anderem der US-Konzern ExxonMobil ein lukratives Geschäft.
Für die Neuregelung soll es unter anderem eine Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes geben. Die Fraktionen von Union und FDP hatten eine Einigung zum Fracking gefordert. Altmaier sieht nur sehr begrenzte Chancen in einem dicht besiedelten Land wie Deutschland. „In Amerika wird das in menschenleeren Gegenden gemacht“, sagte er.
SPD, Linke und Grüne reagierten teils mit scharfer Kritik und warfen der Regierung eine Verneblungstaktik vor. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte in Berlin: „Auf 86 Prozent der Fläche des Landes, in der Vorräte vermutet werden, kann künftig mit krebserregenden, erbgutverändernden Chemikalien Gas aus der Erde herausgepresst werden.“ Die Umweltverträglichkeitsprüfung sei reine Kosmetik. Er kenne keinen Fall, wo eine solche Prüfung einen Antrag nach dem beim Fracking geltenden Bergrecht jemals aufgehalten habe.
Ob der Bundesrat das Vorhaben blockiert, ist offen - im Gegensatz zu den Grünen zeigte sich Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) offener gegenüber den Plänen und betonte die wirtschaftlichen Chancen durch die Gas-Vorkommen in NRW. Gleichwohl machte sie bei „Spiegel online“ klar: „Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat Fracking ausgeschlossen, so lange die Risiken für Mensch und Umwelt nicht vollständig ausgeschlossen sind“.
Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck (Grüne) forderte ein Verbot. Die Vorsitzende des Umweltausschusses im Bundestag, Eva Bulling-Schröter (Linke), befürchtet nun eine starke Dynamik bei Genehmigungsverfahren. Dagegen werde es Widerstand geben. „Die Bürgerinnen und Bürger lassen sich nicht für dumm verkaufen, nur weil die Gaskonzerne mit Hilfe der Bundesregierung einen schnellen Euro machen wollen.“ Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz betonte, die Regelungen böten keine Sicherheit vor einer Verseuchung von Böden, Grund- und Oberflächenwasser durch die Chemikalien.