Chaos in München Droht eine Kampfabstimmung über die CSU-Spitzenkandidatur?
München (dpa) - Kurz vor der mit Spannung erwarteten Entscheidung zur Zukunft von CSU-Chef Horst Seehofer geht es in der Partei drunter und drüber.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hat CSU-intern Zeitungsberichte dementiert, wonach er bereits seine Bereitschaft zu einer Spitzenkandidatur für die Landtagswahl 2018 erklärt habe. Er habe nichts zugesagt - so zitierten ihn am späten Mittwochabend übereinstimmend mehrere CSU-Landtagsabgeordnete, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Fraktionskreisen erfuhr. Herrmann habe aber Gespräche am Montag in der Staatskanzlei bestätigt.
Die „Süddeutsche Zeitung“ und der „Münchner Merkur“ hatten übereinstimmend berichtet, Herrmann habe in der vertraulichen Sitzung in der Staatskanzlei erklärt, er wolle Amtsinhaber Horst Seehofer als Ministerpräsident beerben und sich um die Spitzenkandidatur bewerben, sollte dieser zu einem Verzicht bereit sein.
An dem Treffen soll neben Seehofer ein kleiner Kreis weiterer hochrangiger CSU-Politiker teilgenommen haben. Sollte der Innenminister tatsächlich seinen Hut in den Ring werfen, wäre mit einer Kampfabstimmung zwischen Herrmann und Finanzminister Markus Söder zu rechnen.
Öffentlich lehnte Herrmann am Mittwochabend jeden Kommentar dazu ab. „Ich bleibe dabei, ich sage da im Moment nichts zu“, sagte er in der „Münchner Runde“ der Bayerischen Fernsehens. Das sei „ein Gebot des Anstands“. Wiederholt wich er der Frage aus, ob er im Fall von Seehofers Verzichts Interesse an der Spitzenkandidatur habe. Zunächst müsse Seehofers Erklärung abgewartet werden, die dieser am Sonntag oder Montag abgeben wolle, sagte Herrmann.
Spätestens am Montag wird mit einer Aussage Seehofers gerechnet, jedoch gibt es zu der anvisierten Vorstandssitzung noch immer keine Einladung. In der Partei wird davon ausgegangen, dass Seehofer erst das Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und SPD-Chef Martin Schulz bei Bundespräsident Frank Walter Steinmeier an diesem Donnerstagabend abwarten will.
In der CSU schlugen die Berichte dem Vernehmen nach ein „wie eine Bombe“. Die Landtagsfraktion sei in heller Aufregung, hieß es am Mittwochabend. Herrmann gilt als einer der loyalsten Unterstützer Seehofers, Söder als dessen größter Kritiker - damit würden sich die beiden Lager in der CSU bei der Kandidatenkür offen gegenüberstehen.
Am Montag will die CSU-Landtagsfraktion noch vor einer Sitzung des Parteivorstands ihren Favoriten wählen - die Entscheidung hat aber keine bindende Wirkung für den Vorstand. In der Fraktion werden Söder deutlich mehr Anhänger und Unterstützer zugeordnet als Herrmann, der bereits CSU-Spitzenkandidat bei der Bundestagswahl war. Die CSU fuhr dabei im September ein historisch schlechtes Wahlergebnis ein, seither steht Seehofer unter Druck. Herrmann war in den vergangenen Wochen bereits wiederholt für die personelle Neuaufstellung der CSU von Parteifreunden ins Spiel gebracht worden.
Zumindest in der Landtagsfraktion sehen viele Herrmann aber auch kritisch. Sie fürchten, dass er die CSU im kommenden Jahr bei der Verteidigung der absoluten Mehrheit nicht hinreichend unterstützen könnte. Insbesondere wegen der in Bayern starken AfD sehen hier viele Söder als besseren Kandidaten. Auch Söder hat sich noch nicht zu seinen Karriereplänen geäußert, seine Bereitschaft ist aber seit Jahren ein offenes Geheimnis in der CSU.
Offen ist noch, wie sich Seehofer verhält. Viele in der Partei gehen davon aus, dass er zunächst den Posten des Parteichefs behalten wird, ein Verzicht auf die Spitzenkandidatur gilt aber als wahrscheinlich. Sollte Seehofer auch nicht mehr für das Amt des Parteichefs zur Verfügung stehen, gelten Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und Parteivize Manfred Weber als aussichtsreiche Kandidaten. Doch auch von ihnen gibt es noch keine Aussagen dazu.
Alle in der Partei warten auf Seehofers für Montag angekündigte Erklärung. Die finale Entscheidung zur Spitzenkandidatur steht dann am 15. und 16. Dezember auf dem CSU-Parteitag in Nürnberg an, dann soll auch der Vorstand turnusmäßig neu gewählt werden.