Dürrekrise wird für Landwirtschaftsministerin Klöckner zur Feuerprobe
Für die neue Agrarministerin (CDU) wird die Dürrekrise zur ersten ernsthaften Herausforderung ihrer Amtszeit.
Berlin. Dass sie sich „gut verkaufe“ und nach dem drögen Vorgänger Christian Schmidt (CSU) ein „Lichtblick“ sei, ist in der deutschen Agrarwirtschaft eine verbreitete Meinung über die neue Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner. Tatsächlich ist die rheinland-pfälzische Winzertochter mit CDU-Parteibuch ziemlich furios gestartet. Sie zeigte von Beginn an viel Sachwissen und noch mehr Herzblut für ihr Arbeitsgebiet. Ein „Lebensministerium“ leite sie da in Wahrheit, meinte die 45-Jährige in einem ihrer ersten Interviews. Doch in der Dürrekrise reichen Schmeicheleien dieser Art allein nicht mehr. Die Branche will Geld sehen, viel Geld.
Für Klöckner wird es damit ernst. Am Mittwoch vergangener Woche berichtete sie im Kabinett über die Lage; am 22. August soll ein zweiter Bericht folgen. Und die Sonne brennt weiter.
Die Ministerin ist im Krisenmodus. Sie sprach mit Brüssel und schickte Briefe an die Bundesländer. Klöckner ist politisch erfahren genug, um zu wissen, wie heikel die Situation für sie werden kann. Gibt sie den Bauern zu schnell nach — immerhin wurde vom Bauernverband mal eben eine Milliarde Euro gefordert — bekommt sie die übrigen Steuerzahler an den Hals. Und bei Finanzminister Olaf Scholz (SPD) würden weitere Branchen vorstellig, die auch hitzegeschädigt sind. Reagiert sie aber nicht ausreichend, verscherzt sie es sich dauerhaft mit ihrer Klientel — und kann als Landwirtschaftsministerin kaum noch reüssieren.
Ihre erste Krisenpressekonferenz zur Sache absolvierte Klöckner in der Art, wie Händler einem etwas verkaufen, was sie gar nicht haben. Es war eine unter viel Wortgeklingel verborgene Vertröstung. Zehn Minuten lang redete die frühere deutsche Weinkönigin sehr mitfühlend über die katastrophale Lage und ihre persönliche große Besorgnis. Um dann damit zu enden, dass erstens die Länder für Hilfen zuständig seien und zweitens man abwarten müsse, wie hoch die Ernteausfälle tatsächlich würden. Das werde Ende August feststehen. „Sie wissen, es sind Steuerzahlergelder.“ Im Übrigen habe der Bund 2003, als es ähnlich schlimm war, 36 Millionen gezahlt, als Co-Finanzier zu den Ländern. Ein dezenter Hinweis, dass nicht alle finanziellen Blütenträume des Bauernverbandes wahr werden können.
Selbst ihre Aussage, wenigstens bei den Viehhaltern schneller zu helfen, relativierte die Ministerin im nächsten Atemzug. Dazu müssten erst mal die Länder ihre Hilfsprogramme vorlegen, dann werde man über eine Mitfinanzierung des Bundes entscheiden.
Die einzige vorzeigbare Aktion blieb in der vergangenen Woche zunächst ein Brief an die Länder, mit der Bitte um Auskunft über deren Maßnahmen. Niedersachsen, Bayern und Nordrhein-Westfalen antworteten bis zum Wochenende und berichteten, dass sie die Transportkosten für zusätzlich aus der Ferne beschafftes Futter fördern wollten. Gemessen an den ursprünglichen Forderungen der Bauern ist das eher ein Tropfen auf den sprichwörtlich heißen Stein.
Schon mehren sich erste kritische Stimmen. So fragte eine Agrarzeitung, warum sie sich bisher bei keinem dürregeplagten Bauern habe blicken lassen. Klöckner reagierte pikiert, zumal sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gerade auf einem Bauernhof gezeigt hatte, wenn auch nicht auf einem der geschädigten. Sie wisse sehr wohl, was los sei und habe mit zwei Betrieben auch selbst telefoniert, sagte die Ministerin. So etwas finde manchmal eben auch ohne Presse statt.
Unter Druck gerät Klöckner auch in der eigenen Partei, die unter den Landwirten nach wie vor hohe Zustimmung genießt. Einen Vorgeschmack darauf gab Unions-Fraktionschef Volker Kauder, der den Bauern schon mal pauschal Unterstützung zusagte und dazu salopp erklärte: „Wir sollten nicht kleinlich sein.“ Ein Wink mit dem Zaunpfahl.
Agrarminister müssen immer mit Krisen rechnen, das weiß die neue Amtsinhaberin Julia Klöckner (CDU) noch aus ihren zwei Jahren als Staatssekretärin in diesem Ressort, damals unter Ilse Aigner (CSU). Irgendein Virus, einbrechende Preise, Lebensmittelskandale oder eben Naturereignisse.
Das Handwerkszeug für Krisenmanagement bringt Klöckner eigentlich mit. Zweimal war sie Spitzenkandidatin in Rheinland-Pfalz bei der Landtagswahl, zweimal verlor sie. Ihrem Aufstieg in die Parteispitze, zuletzt als stellvertretende Vorsitzende, hat das keinen Abbruch getan. In der Partei profilierte sie sich sehr geschickt als eher konservative Stimme in ethischen Fragen und in der Flüchtlingspolitik. Stand aber im Konflikt mit der CSU zur Kanzerlin. Und mit der Presse kann sie gut. Noch immer ist sie eine Hoffnungsträgerin, sogar mit der Möglichkeit, Kanzlerkandidatin zu werden. Davor stehen jetzt aber erst einmal ausbleibende Tiefdruckgebiete. Und Bauern, die sehr, sehr nachtragend sein können.