Ehemalige Schwerverbrecher klagen: Schmerzensgeld für Sicherungsverwahrte?

Vier ehemalige Schwerverbrecher, die nach ihrer Haft lange weggesperrt wurden, klagen.

Karlsruhe. Haben ehemalige Schwerverbrecher, die nach ihrer Haft zu lange in Sicherungsverwahrung waren, Anspruch auf Schmerzensgeld? Diese Frage prüft das Landgericht Karlsruhe am Dienstag.

Vier frühere Sicherungsverwahrte, die wegen mehrerer schwerer Straftaten verurteilt wurden, wollen mehr als 400 000 Euro vom Land Baden-Württemberg. Das Gericht betritt mit dem Verfahren juristisches Neuland.

Die Kläger stützen sich auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, wonach die Vollstreckung einer über zehn Jahre hinaus gehenden Sicherungsverwahrung unter bestimmten Voraussetzungen gegen die europäische Menschenrechtskonvention verstößt.

Vor dem Karlsruher Landgericht geht es nicht nur um die Frage, ob den Männern ein Schmerzensgeld zusteht, sondern unter Umständen auch um die Frage, wie hoch eine Entschädigung sein müsste. Bei Haftsachen beträgt sie normalerweise 25 Euro pro Tag.

Die Kläger, die wegen Vergewaltigung und weiterer schwerer Straftaten wie versuchten Mordes lange hinter Gitter saßen, waren wegen ihrer Gefährlichkeit nach ihrer Haftzeit noch weitere 18 bis 22 Jahre in Sicherungsverwahrung genommen worden.

Bei ihrer Verurteilung betrug das Höchstmaß der Sicherungsverwahrung zehn Jahre. 1998 wurde diese gesetzliche Frist aufgehoben. Für die acht bis zwölf Jahre jenseits der Zehn-Jahres-Grenze machen die Kläger Entschädigungen zwischen 87 000 und 155 000 Euro geltend.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte 2009 entschieden, dass die Aufhebung der Höchstfrist für schon Verurteilte gegen mehrere Artikel der Europäischen Konvention für Menschenrechte verstieß. Nach dieser Entscheidung wurden die Kläger aus der Sicherungsverwahrung entlassen, sie werden teilweise aber heute noch von der Polizei überwacht.

Aus Sicht der Karlsruher Generalstaatsanwaltschaft ist die juristische Lage nun aber keineswegs eindeutig. „Nach unserer Rechtslage war es rechtmäßig“, sagte ein Sprecher der Behörde.

Vor dem Landgericht geht es um „Altfälle“ der rückwirkenden Verlängerung der Sicherungsverwahrung. Neben den Klägern gibt es nach Wissen der Behörde nur noch einen vergleichbaren Fall in ihrem Bereich.