„Ein reinigendes Gewitter“ — die SPD will die Wogen glätten
Der öffentliche Streit zwischen Steinbrück und Gabriel überschattet den Wahlkampf der Partei — trotz aller Dementis.
Berlin. Am Tag nach dem großen Gefühlsausbruch von Peer Steinbrück und seinem öffentlichen Tadel für SPD-Chef Sigmar Gabriel suchte Partei-Generalsekretärin Andrea Nahles am Montag die Wogen zu glätten: „Es ist manchmal schwül, und dann gibt es ein Gewitter.“ Damit sei die Sache erledigt.
„Es hat gerumst“, sagte die Parteimanagerin trocken. Nun müsse man nach vorn spielen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Thomas Oppermann, deutete die Kontroverse sogar als Stärke der Partei („ein reinigendes Gewitter“) und Steinbrücks emotionale Reaktion als nachhaltigen Pluspunkt für den Kandidaten („sensibel und feinfühlig“).
In der SPD sieht man das aber auch anders: „Steinbrücks Auftritt beim kleinen Parteitag ist nur eine Moment-Geschichte. Schon morgen hat uns der Alltag wieder“, meinte ein altgedienter Sozialdemokrat. Der Mainzer Parteienforscher Jürgen Falter hält eine weitere Emotionalisierung des SPD-Wahlkampfs ohnehin für ausgeschlossen.
Und der Chef des Meinungsforschungsinstituts „Forsa“, Manfred Güllner, ist sogar überzeugt, dass Steinbrücks emotionaler Beitrag der SPD eher schadet: „Er hat sich doch nach der Kandidatur gedrängt, und plötzlich versucht er es auf die weiche Tour, das passt wieder nicht zusammen.“
Steinbrück selbst machte am Montag in München Wahlkampf, als ob nichts passiert sei. Dabei war es wohl die Summe der Gabrielschen Alleingänge, die den Kandidaten dazu veranlasst hatte, seinen Parteichef zu rügen — angefangen von der Euro-Rettung über das Tempolimit auf Autobahnen bis zum unabgestimmten Besuch im Flutgebiet.
Er erwarte, „dass sich alle — auch der Parteivorsitzende — in den nächsten 100 Tagen konstruktiv und loyal hinter den Spitzenkandidaten und die Kampagne stellen“, ließ sich Steinbrück zitieren. Im Kern steht der Vorwurf der Illoyalität im Raum. Schlechter kann es für die SPD rund drei Monate vor der Wahl wohl nicht mehr kommen.
Ausgerechnet Altkanzler Helmut Schmidt, der Förderer Steinbrücks, nährte am Montag Zweifel an dessen Steherqualitäten. Auf die Frage, ob Steinbrück womöglich schlecht Wahlkampf könne, meinte Schmidt in einem Interview: „Könnte sein.“