Demos, Debatten und Randale Eine Stadt wird zur Festung: Der G20-Gipfel in Hamburg

Hamburg (dpa) - Dröhnende Hubschrauber, gesperrte Straßen und Ausweiskontrollen: Die immensen Sicherheitsmaßnahmen während des G20-Gipfels Anfang Juli versetzen die Hamburger Innenstadt für mehrere Tage in einen Ausnahmezustand.

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„Das öffentliche Leben wird deutlichen Einschränkungen unterliegen, da muss man nichts schönreden“, sagt Joachim Lenders, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. Nach Einschätzung des ADAC droht in und um Hamburg der völlige Verkehrskollaps. Einige Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern Heimarbeit oder Überstundenabbau an. Viele Geschäfte und Gastronomie-Betriebe in oder nahe der Sicherheitszonen schließen.

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Am 7. und 8. Juli wird Hamburg zum Mittelpunkt der Weltpolitik. An beiden Tagen treffen sich die G20, zu denen 19 Staats- und Regierungschefs aus den führenden Industrie- und Schwellenländern sowie Vertreter der EU gehören, in der Hamburger Messe. Am ersten Tag ist ein Konzert in der Elbphilharmonie geplant. Um diese Veranstaltungsorte werden Sicherheitszonen eingerichtet. Knapp 20.000 Polizeibeamtesichern nach Gewerkschafts-Angaben den Gipfel. „Die Messehallen werden eine Festung sein“, sagt Lenders.

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Der Tagungsort ist nahe der alternativen Szene-Stadtteile Schanze und Karolinenviertel, in denen viele Anhänger der linken Szene wohnen. Dass sich in ihrer direkten Nachbarschaft Präsidenten wie Donald Trump, Recep Tayyip Erdogan und Wladimir Putin treffen, sorgt für viel Unmut. „Freiheit stirbt mit Sicherheit“ - steht auf einer Fahne.

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Auch in den Fenstern eines schicken Neubaus in der Flora-Neumann-Straße direkt an der Messe hängen Plakate mit Schriftzügen wie „G20, Du sollst hier nicht sein“ oder „No G20“. Einen Vorgeschmack auf den G20-Gipfel hatten die Anwohner schon beim Treffen der OSZE-Außenminister im vergangenen Dezember bekommen. Wer zu seinem Haus wollte, musste sich an einem Kontrollpunkt ausweisen.

Rentner Heinz Koos und seine Frau haben auf den G20-Trubel keine Lust mehr. „Wir fahren weg“, sagt der 70-Jährige.

Ganz in der Nähe arbeitet der 30-jährige Thomas in einer Werbeagentur. Einen Tag werde er in einem anderen Büroraum arbeiten, einen Tag Homeoffice machen, berichtet er. Auch viele andere Firmen zeigen sich nach Angaben der Unternehmensverbände in Hamburg und Schleswig-Holstein (UVNord) einfallsreich, um gute Lösungen für ihre Mitarbeiter zu finden.

Die Geschäftsleute befürchten Umsatzeinbußen. „Wir beziffern den Umsatzausfall mit 15 Millionen Euro“, sagt Brigitte Engler vom City Management. Ihren Angaben zufolge wird ein Einkauf in großen Teilen des Zentrums möglich sein. Doch Besucher werden auch vor einigen verschlossenen Türen stehen: Die Einkaufspassage im Levantehaus in der Hamburger Innenstadt hat rund um den G20-Gipfel zu. Auch in der Hafencity bleiben mehrere Geschäfte am 7. Juli, wenn die Regierungschefs zu einem Konzert in der Elbphilharmonie erwartet werden, geschlossen. „Öffnen macht überhaupt keinen Sinn, da kommt kein Mensch“, sagt Dana Krause, Shopleiterin des Eisladens Häagen-Dazs, der genau in einer Sicherheitszone liegt.

Viele Demonstrationen und Aktionen gegen den Gipfel sind angekündigt. Neben tausenden friedlichen Demonstranten werden bis zu 8000 gewaltbereite aus dem In- und Ausland erwartet. Eine linksautonome Demonstration am Tag vor dem Spitzentreffen hat das Motto „G20 - Welcome to hell“ (Willkommen in der Hölle). Einige Länden wollen ihre Fensterscheiben mit Holz schützen.

Die Kinder der Grundschulen Sternschanze und Katharinenschule in der Hafencity müssen nach Angaben der zuständigen Behörde am 7. Juli nicht zwingend im Unterricht erscheinen. Für die übrigen Schüler an staatlichen Schulen gelte die Schulpflicht jedoch uneingeschränkt, erklärt ein Sprecher. Es sei denn, die Eltern sehen am Tag des Gipfels eine akute Gefährdung - dann können sie ihr Kind mit einer konkreten Begründung abmelden. Auch einige Kitas öffnen nicht.

Die Stadt betont auf ihrer Internetseite, dass im größten Teil Hamburgs die Auswirkungen des Gipfels kaum spürbar sein werden. Hamburger und Touristen werden sich nach Einschätzung des rot-grünen Senats während des G20-Gipfels weitgehend problemlos mit Bus und Bahn in der Hansestadt bewegen können.