EKD-Chef Bedford-Strohm will Kirche Gehör und Profil verschaffen
Dresden (dpa) - Der neue Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm will der von Mitgliederschwund und Bedeutungsverlust geplagten Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mehr Gehör und Profil verschaffen.
Das Kirchenparlament wählte den bayerischen Landesbischof am Dienstag in Dresden mit großer Mehrheit zum neuen EKD-Chef. 106 der 125 anwesenden Synoden-Mitglieder stimmten für ihn. An der Spitze der 23,4 Millionen Protestanten in Deutschland tritt der 54-Jährige die Nachfolge von Nikolaus Schneider an. Schneider (67) hatte sein Amt am Sonntag ein Jahr früher als vorgesehen aufgegeben, um sich um seine an Krebs erkrankte Frau zu kümmern.
Die Kirche müsse sich aktiv in die politische Debatte einmischen, sagte der neue EKD-Ratsvorsitzende. „Wir wollen öffentliche Kirche sein. Wir wollen uns in den öffentlichen Diskurs einmischen.“ Man wolle sich nicht aufspielen „als die besseren politischen Kommentantoren, sondern aus einer klaren geistigen Motivation heraus zu den Fragen unserer Zeit reden“. Bei den großen ethischen Debatten stehe die Kirche in der Pflicht zur Mitgestaltung.
Das 500. Reformationsjubiläum im Jahr 2017 gelte es gemeinsam mit den Katholiken zu feiern. „Es soll ein großes Christusfest mit einem weiten, internationalen Horizont werden“, sagte Bedford-Strohm. „Dass wir dabei auch der Wunden gedenken, die die Kirchenspaltung geschlagen hat, steht dazu in keinster Weise im Widerspruch. Ich möchte, dass wir uns an dem freuen, was uns die reformatorische Tradition geschenkt hat.“
Auf katholischer Seite hat Bedford-Strohm mit dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, ein Gegenüber, zu dem er in München bereits einen guten Draht hat. Zum eingeschlagenen Weg der Ökumene und der Versöhnung gebe es keine Alternative und kein Zurück, schrieb der Münchner Erzbischof an Bedford-Strohm. „Diesen Weg möchte ich in der uns beiden nun übertragenen Verantwortung gemeinsam mit Ihnen gehen und hoffe, dass wir in Ihrer Amtszeit als Ratsvorsitzender der EKD gute Schritte vorankommen.“ Das gelte auch für das gemeinsame Bestreben, „das Reformationsgedenken 2017 als geschichtliches Moment beider Kirchen in Deutschland zu sehen“.
Bedford-Strohm ist in seinem neuen Spitzenamt, das er zusätzlich zu seiner Funktion als Landesbischof ausübt, Sprachrohr und oberster Repräsentant der evangelischen Kirche. Zwar kann der EKD-Chef nicht bis in die 20 eigenständigen Landeskirchen durchregieren - er ist aber wichtiger Kurs- und Impulsgeber. Ein drängendes Problem ist die sinkende Zahl an Gläubigen und vor allem die wegbrechende Weitergabe des Glaubens an die nächste Generation. Hier gelte es moderne und neue Wege zu finden, sagte Bedford-Strohm.
Bundespräsident Joachim Gauck würdigte Bedford-Strohm als profilierten, streitbaren Sozialethiker, der die Theologie und den Dienst am Menschen gut verbinde. Auch nach Einschätzung von Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) gewinnen die Protestanten eine Führungspersönlichkeit, die sich durch eine klare Haltung in sozialen und ethischen Fragen auszeichne.
SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte, die Stimme der EKD und ihres neuen Chefs habe in Fragen der Gerechtigkeit, der Sterbehilfe oder des Umgangs mit Flüchtlingen Gewicht. „Sie stehen mit Ihrer Person für eine öffentliche Verantwortung von Theologie und für eine Kirche, die zu Armut und Unrecht nicht schweigt.“ Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) sagte, Bedford-Strohm seien die Themen der Entwicklungszusammenarbeit ein Herzensanliegen. „Seine Stimme im Kampf gegen den Hunger in der Welt wird vernehmbar sein.“
Die Wahl von Dresden gilt zunächst nur für ein Jahr, währenddessen bleibt der sächsische Landesbischof Jochen Bohl (64) als stellvertretender Ratsvorsitzender im Amt. 2015 wird dann für die folgende sechsjährige Amtszeit erneut über den Vorsitz entschieden. Es wird erwartet, dass Bedford-Strohm das Spitzenamt weiter behält.