EKD-Ratsvorsitzender Schneider legt überraschend sein Amt nieder

Hannover/Berlin (dpa) - Aus Rücksicht auf seine krebskranke Frau legt Nikolaus Schneider im November sein Amt als Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland nieder. „Wir haben ein schweres Jahr vor uns.

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Das bedeutet, dass ich jetzt Zeit haben möchte für meine Frau und meine Familie. Dieser Wunsch ist mit meinen EKD-Ämtern nicht zu vereinbaren“, sagte Schneider am Montag in Berlin. Bei seiner Frau Anne sei am Mittwoch Brustkrebs diagnostiziert worden, auch das Lymphsystem sei befallen.

Der 66-Jährige ist oberster Repräsentant der rund 23,4 Millionen evangelischen Christen in Deutschland. Er hatte den Posten 2010 übernommen, nachdem Margot Käßmann wegen einer Fahrt unter Alkoholeinfluss zurückgetreten war.

Der Theologe will am 10. November zurücktreten und auch aus dem Rat der EKD ausscheiden. Dann soll bei der EKD-Synode in Dresden über seine Nachfolge entschieden werden. Die Synode ist das Kirchenparlament der EKD, mit 126 Mitgliedern aus den 20 evangelischen Landeskirchen Deutschlands.

Nikolaus und Anne Schneider sind seit 1970 verheiratet. Ihre jüngste Tochter starb 2005 an Leukämie. Über ihren Kampf gegen den Krebs schrieb der Theologe zusammen mit seiner Frau ein Buch.

Bis zu seinem Rücktritt im November werde er nur wenige Termine selbst wahrnehmen, sagte Schneider. Andere Ratsmitglieder wollten ihn vertreten. Je nachdem wie es seiner Frau gehe, werde er Verabredungen auch spontan absagen. „Jetzt ist eine Situation, da geht die Liebe zu meiner Frau vor den Dienst.“

Schneider, der aus einer Duisburger Bergarbeiterfamilie stammt, äußerte sich politisch stets eher links orientiert. Innerhalb der EKD fiel er unter anderem durch eine differenzierte Position zur Präimplantationsdiagnostik (PID) auf, mit der er innerhalb der Kirche durchaus auch aneckte. Mit der katholischen Kirche pflegte Schneider einen guten Dialog. 2011 traf er Papst Benedikt XVI. während seines Deutschland-Besuchs in Erfurt.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, reagierte mit Bedauern auf die Rücktrittsankündigung. Schneider sei ein verlässlicher Brückenbauer in der Ökumene. „Es ist gut, dass wir noch einige Monate haben, in denen wir weiter ökumenische Fragen erörtern können“, sagte Marx. Für die Bundesregierung sagte Sprecher Steffen Seibert in Berlin, Schneiders Schritt sei mit großem Respekt und allen guten Wünschen für dessen Ehefrau zu begleiten.

Bundespräsident Joachim Gauck dankte dem scheidenden Ratsvorsitzenden Schneider für seine Arbeit. „Mit Umsicht, Klarheit und Verbindlichkeit haben Sie der gesellschaftspolitischen Diskussion in unserem Land wichtige Impulse verliehen“, schrieb Gauck. „Mit Ihrer ausgeprägten Fähigkeit, auch zwischen Gegensätzen zu vermitteln, haben Sie sich in- und außerhalb der Kirche Respekt und Dankbarkeit erworben.“

Der rheinische Präses Manfred Rekowski sagte, Schneiders Entscheidung sei „völlig richtig und nachvollziehbar“. Als EKD-Ratschef habe er mit seiner ausgleichenden Art dazu beigetragen, dass die nach dem Rücktritt Käßmanns verunsicherte Evangelische Kirche in Deutschland wieder in ruhigeres Fahrwasser gekommen sei. Die Präses der EKD-Synode, Irmgard Schwaetzer, erklärte: „Unsere Gedanken und Gebete begleiten Anne und Nikolaus Schneider in der kommenden Zeit.“

Der Zentralrat der Juden in Deutschland würdigte Schneider als „verlässlichen Partner und wahren Freund“. Die Nachricht und die traurigen Umstände des Rücktritts habe er „mit sehr großer persönlicher Betroffenheit zur Kenntnis genommen“, teilte Zentralratspräsident Dieter Graumann mit.