Rücktrittsgesuch Entsetzen über Rückzug einer sächsischen Bürgermeisterin nach rechter Hetze
Berlin · Der Rückzug der zuvor rechter Hetze ausgesetzten Bürgermeisterin der sächsischen Gemeinde Arnsdorf, Martina Angermann (SPD), hat bundesweit Entsetzen ausgelöst. Justizministerin Lambrecht sieht eine Gefahr für die Demokratie.
"Wenn sich Menschen aufgrund von Drohungen und Hetze aus ihrem gesellschaftlichen Engagement zurückziehen, gerät unsere Demokratie in Gefahr", erklärte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) am Freitag. Zuvor war bekannt geworden, dass sich die Bürgermeisterin von ihrem Amt zurückziehen will.
Arnsdorf war 2016 in die Schlagzeilen geraten, weil vier Männer einen irakischen Asylbewerber mit Kabelbindern an einen Baum gefesselt haben sollen. Bürgermeisterin Angermann verurteilte die Tat, sie wurde Berichten zufolge seit Jahren aus der rechten Szene bedroht. Das sächsische Innenministerium sagte dem Mitteldeutschen Rundfunk, es sei über das Rücktrittsgesuch der Bürgermeisterin seit mehreren Wochen informiert gewesen.
Bundesjustizministerin Lambrecht erklärte, ihre ganze Solidarität gelte der Bürgermeisterin und allen, "die sich jeden Tag für unsere Gesellschaft einsetzen". Linken-Parteichefin Katja Kipping mahnte, es sei "zu spät für Wehret den Anfängen", wenn Demokratinnen Selbstverständliches aussprächen und dafür von Rechten bedroht und aus dem Amt gemobbt würden. Es sei "allerhöchste Feuerwehr" für alle Demokraten, "gegen diese Bedrohung zusammenzustehen".
Sachsens SPD-Chef Martin Dulig sagte den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland, Angermann habe Haltung gezeigt und sei in einer Weise angegriffen worden, die mit menschlichen Formen der politischen Auseinandersetzung längst nichts mehr zu tun habe. "Diese Frau soll von ihren politischen Gegner vernichtet werden", sagte Dulig. Bürgermeister bräuchten "Wertschätzung und die grundsätzliche Unterstützung der Menschen in ihren Gemeinden genauso wie den Schutz des Rechtsstaats".
Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, zeigte sich besorgt über das Klima in der Kommunalpolitik. "Beschimpfungen, Bedrohungen und Angriffe auf Kommunalpolitiker nehmen nicht ab, sondern leider zu", sagte Landsberg dem "Handelsblatt". Das sei eine Gefahr für die Demokratie vor Ort und gefährde das Vertrauen der Menschen in den Staat.
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