Streit um Schmähkritik - Generalstaatsanwaltschaft sieht keine Beleidigung Erdogan scheitert mit Beschwerde im Fall Böhmermann

Der türkische Präsident erleidet in Deutschland eine weitere juristische Schlappe. Auch die zweite Instanz versperrt Erdogan den Weg zu einer Anklage von TV-Satiriker Böhmermann wegen dessen „Schmähgedichts“.

Sieg für Jan Böhmermann: Auch die Generalstaatsanwaltschaft sieht keine Beleidigung.

Foto: Presidential Press Office/Spata

Koblenz/Mainz. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ist mit seiner Beschwerde wegen der Einstellung der Mainzer Ermittlungen gegen ZDF-Moderator Jan Böhmermann (35) gescheitert. Die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz wies sie nach Mitteilung vom Freitag als unbegründet zurück. TV-Satiriker und Grimme-Preisträger Böhmermann hatte sein Gedicht „Schmähkritik“ Ende März in seiner Sendung „Neo Magazin Royale“ vorgetragen. Darin hatte er Erdogan mit Kinderpornografie und Sex mit Tieren in Verbindung gebracht, aber darauf hingewiesen, dass so ein Gedicht auch in Deutschland nicht erlaubt sei.

Die Staatsanwaltschaft Mainz stellte Anfang Oktober die Ermittlungen wegen des Verdachts der Beleidigung von Organen oder Vertretern ausländischer Staaten ein. Laut der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz wirft der Sachverhalt „komplexe verfassungsrechtliche und strafrechtliche Fragestellungen auf, die die Staatsanwaltschaft Mainz im Ergebnis zutreffend und im Einklang mit der Rechtsprechung beantwortet hat“. Deren Wertung, ein strafbares Verhalten sei letztlich nicht sicher nachzuweisen, sei auch nicht zu kritisieren, wenn die Begründung von Erdogans Beschwerde berücksichtigt werde. „Die Generalstaatsanwaltschaft hält deshalb für den Fall einer Anklageerhebung eine Verurteilung des Beschuldigten nicht für wahrscheinlicher als seinen Freispruch“, hieß es weiter.

Erdogan stehe jetzt noch ein Klageerzwingungsverfahren offen. Sein Antrag auf eine gerichtliche Entscheidung an das Oberlandesgericht Koblenz müsste binnen eines Monats gestellt werden. Unabhängig von dem strafrechtlichen Verfahren in Rheinland-Pfalz - dem Sitz des ZDF - plant die Zivilkammer des Landgerichts Hamburg am 2. November eine mündliche Verhandlung zu einer Privatklage Erdogans gegen Böhmermann. Erdogan will erreichen, dass das gesamte Gedicht verboten wird, nachdem das Hamburger Gericht dem Satiriker mit einer einstweiligen Verfügung untersagt hatte, den größeren Teils des Texts zu wiederholen.

Böhmermanns Gedicht hatte eine lange Diskussion darüber ausgelöst, was Satire in Deutschland darf und was nicht. Außerdem schaltete sich die Politik ein: Die Türkei verlangte rechtliche Schritte gegen den 35-jährigen Satiriker - kurz darauf machte die Bundesregierung den Weg frei für ein Mainzer Strafverfahren nach Paragraf 103. Böhmermann legte eine Fernsehpause ein und stand einige Zeit lang unter Polizeischutz. Beim ZDF sitzt der Moderator heute aber fest im Sattel: Kürzlich wurde sein Vertrag bis Ende 2017 verlängert.