EU-Justizkommissarin Reding kritisiert Meldegesetz harsch
Brüssel (dpa) - In Deutschland tobt die Debatte um das Meldegesetz. Nun gießt EU-Justizkommissarin Viviane Reding Öl ins Feuer: Sie spricht vom „Ausverkauf des Datenschutzes“.
„Ich bin überrascht, dass einige deutsche Politiker die Profitinteressen von hiesigen Werbeunternehmen vor das Grundrecht der Bürger auf Datenschutz stellen“, sagte Reding am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa.
„Wie will der Staat glaubhaft von Unternehmen wie Facebook und Google verlangen, dass sie sich an strenge Datenschutzauflagen halten, während er selbst einen Ausverkauf des Datenschutzes an die Privatwirtschaft betreibt?“, monierte Reding.
Nach dem umstrittenen neuen Gesetz, das der Bundestag Ende Juni beschlossen hatte, sollen Meldeämter zum Beispiel Namen und Adressen ohne ausdrückliche Zustimmung des Betroffenen etwa an Firmen zu Werbezwecken weitergeben dürfen.
Ein Bürger könnte weiterhin vorbeugend Widerspruch einlegen - aber nicht, wenn Adresshändler vom Amt nur vorhandene Daten bestätigen oder aktualisieren lassen wollen. Die Bundesregierung distanzierte sich von dem Gesetz, im Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag soll es geändert werden.
Das Meldegesetz widerspreche dem Geist der europäischen Datenschutz-Regeln, sagte Justizkommissarin Reding. „Sie besagen, dass die Daten des Einzelnen nicht ohne seine Zustimmung verarbeitet oder an Dritte weitergegeben werden können.“ Auch nach der derzeit diskutierten Reform der EU-Datenschutzvorgaben müsse dies weiterhin für den öffentlichen Sektor gelten. „Der ein oder andere deutsche Minister“ wolle Behörden indes davon ausnehmen.
EU-Diplomaten bestätigen dies: Das deutsche Innenministerium dränge auf weichere Datenschutzregeln für Behörden. Ein EU-Diplomat wirft Deutschland doppeltes Spiel vor: Einerseits wehre sich die Regierung bei der EU-Datenschutzreform gegen Regeln aus Brüssel, andererseits wolle sie daheim den Handel mit Bürgerdaten zulassen.