Fall Edathy: BKA-Chef in Erklärungsnot
Ziercke soll Informationen über eigenen Mann im Kinderporno-Sumpf zurückgehalten haben. Die Opposition fordert Aufklärung.
Berlin. Ungeachtet der Beschwichtigungen der Bundesregierung im Fall Edathy rückt ein Untersuchungsausschuss zu den Vorgängen näher. Die Opposition von Linken und Grünen hatte zunächst gezögert, nach Bekanntwerden eines Kinderpornografiefalls bei einem hohen Beamten des Bundeskriminalamts (BKA) fordert sie nun aber ein solches Gremium.
Es soll auch die Rolle von BKA-Chef Jörg Ziercke (66) klären. „Das Vertrauen in den BKA-Präsidenten ist tief erschüttert“, sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Linken-Fraktionschef Gregor Gysi verlangt einen Untersuchungsausschuss. Grüne und Linke haben im Bundestag zwar keine ausreichende Mandatszahl, um einen solchen Ausschuss durchsetzen zu können. Insbesondere aus der Union war jedoch signalisiert worden, sich gegebenenfalls nicht zu verweigern. Gegen den früheren SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy wird wegen Verdachts auf Besitz kinderpornografischen Materials ermittelt.
Justizminister Heiko Maas (SPD) warnte davor, die Arbeit der Ermittler in Zweifel zu ziehen. Er habe großes Vertrauen in die Sicherheitsbehörden. „Durch bloße Spekulationen lässt sich das nicht erschüttern. Wir sollten abwarten, bis alles aufgeklärt ist.“ Maas wandte sich auch gegen den Vorwurf, die Staatsanwaltschaft sei übereifrig gewesen. „Schon die Zahlen widerlegen, dass unsere Staatsanwälte bevorzugt Prominente ins Visier nehmen.“
Innenminister Thomas de Maizière (CDU) stellte sich hinter Ziercke und verteidigte die lange Dauer der Kinderpornografie-Ermittlungen im BKA. Im Internet sei eine „solche Explosion von Daten entstanden, denen kann nicht so ohne weiteres und nur nach und nach die Polizeistruktur nachkommen“. Bund und Länder müssten aber arbeitsteiliger in der Verfolgung dieser Straftaten arbeiten.
Nicht nur für die Opposition stellt sich die Frage, warum Ziercke den Fall in den eigenen Reihen vor dem Innenausschuss des Bundestages verheimlicht hat. Ziercke war zudem im Oktober vom damaligen SPD-Fraktionsgeschäftsführer und heutigen Fraktionschef Thomas Oppermann angerufen worden, weil der Name Edathy im Zusammenhang mit ausländischen Ermittlungen aufgetaucht war. Über die eigentliche Information zu Edathy hatte Ziercke zuvor bereits das vorgesetzte Bundesinnenministerium in Kenntnis gesetzt. Die „Welt am Sonntag“ warf nun die Frage auf, ob er gegen eine Ministeriumsanweisung verstieß, als er nicht auch über Oppermanns Anruf informierte. Eine Ministeriumssprecherin sprach aber von „einer vertretbaren Abwägungsentscheidung“ des BKA-Chefs. dpa