Untersuchungsausschuss zu Edathy-Affäre offen
Berlin (dpa) - Ein Untersuchungsausschuss des Bundestages zur Aufklärung der Edathy-Affäre bleibt offen. Der Vorsitzende des Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), schloss das nicht aus, bezweifelte aber, dass so zusätzliche Informationen ans Licht kämen.
Sollte es jedoch neue Enthüllungen geben, dürfte „der Ruf nach einem Untersuchungsausschuss immer lauter“ werden, sagte Bosbach im Deutschlandfunk.
Die Grünen fordern eine weitere Sondersitzung des Innenausschusses. Dabei sollen der frühere Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sowie nochmals BKA-Chef Jörg Ziercke befragt werden, wie Fraktionsvize Konstantin von Notz am Donnerstag in Berlin mitteilte. Die Sitzung soll für diesen Freitag anberaumt werden. Ziercke hatte den Abgeordneten erst am Mittwoch Rede und Antwort gestanden.
„Wir haben auf die wesentlichen Fragen gestern wenig Antworten bekommen“, sagte von Notz zu den Auftritten von Ziercke und SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann. Die Aussagen der beiden seien nicht schlüssig gewesen, sagte Notz im rbb-Inforadio.
So hätte Ziercke aus Notz' Sicht reagieren müssen, nachdem ihm durch den Anruf von Oppermann klar geworden sei, dass Informationen über mögliche Ermittlungen gegen den SPD-Politiker Sebastian Edathy im politischen Berlin im Umlauf waren. Einen Untersuchungsausschuss forderte von Notz dennoch nicht. „Das ist das letzte Mittel der parlamentarischen Aufklärung, das schärfste Schwert.“
Auch der CSU-Innenpolitiker Stephan Mayer hält das für unnötig. Da die Darstellungen von Oppermann und Ziercke zu ihrem Telefongespräch sehr identisch gewesen seien, gebe es „keinen weiteren Aufklärungsbedarf“, sagte Mayer im rbb-Inforadio. Sein CSU-Kollege Hans-Peter Uhl meinte, das wäre eine enorme Arbeitsbelastung für das Parlament. „Ich kann vor so einem Untersuchungsausschuss nur warnen“, sagte Uhl in der ARD-Sendung „Anne Will“. „Wenn Herr Seehofer das ins Gespräch bringt, ist das seine Sache.“
Unterdessen räumte Oppermann eine Panne in seinem Büro beim Versand seiner umstrittenen Edathy-Erklärung ein. Anders als zunächst von ihm dargestellt, wurde der Text nicht vorab auch an das Büro von Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) gesendet. „Dies hatte ich so angewiesen, es ist aber, wie ich gestern Abend festgestellt habe, nicht passiert“, sagte Oppermann.
Die Linkspartei sieht vor allem bei der SPD unbeantwortete Fragen. Linke-Chef Bernd Riexinger meinte, die Rolle von SPD-Chef Sigmar Gabriel liege noch weitgehend im Dunkeln. „Er ist die Mutter aller Plaudertaschen in der SPD und schuldet der Öffentlichkeit auf jeden Fall noch eine Erklärung, warum er überhaupt Oppermann und Steinmeier eingeweiht hat“, sagte Riexinger „Handelsblatt Online“. Die SPD habe in der Affäre nach der Devise gehandelt: „Erst die Partei, dann das Recht“, meinte Riexinger.
Die SPD-Spitze - Gabriel, Oppermann und Außenminister Frank-Walter Steinmeier - hatte am Mittwochabend im Ausschuss Vorwürfe zurückgewiesen, Edathy habe von ihnen einen Tipp erhalten. Gegen den früheren SPD-Abgeordneten wird inzwischen wegen des Verdachts auf den Besitz kinderpornografischen Materials ermittelt.
Vizekanzler Gabriel räumte ein, dass die große Koalition durch Friedrichs Rücktritt belastet sei. „Wir haben nach wie vor eine schwierige Situation.“ Die Koalition sei aber handlungsfähig.
Kauder sieht unverändert eine Bringschuld bei der SPD. „Wir müssen alles daran setzen, dass nicht nur eine vernünftige Arbeitsatmosphäre herrscht, sondern wieder echtes Vertrauen“, sagte er der „Rheinischen Post“ (Donnerstag). „Bei den anstehenden Themen wird sich zeigen, ob sich wieder Vertrauen bilden wird.“
Agrarminister Friedrich war zurückgetreten, weil er als Innenminister im Oktober 2013 Gabriel darüber unterrichtet hatte, dass Edathys Name bei internationalen Ermittlungen aufgetaucht war. Oppermann bedauerte im Innenausschuss den von ihm ausgelösten Rücktritt Friedrichs, verteidigte aber sein Vorgehen.