Familienpflegezeit kann starten
Berlin (dpa) - Berufstätige können nahe Angehörige künftig leichter zu Hause pflegen. Der Bundestag stimmte am Donnerstag dem Gesetz zur Familienpflegezeit zu. Vom 1. Januar 2012 an haben Beschäftigte so die Möglichkeit, ohne allzu hohe Gehaltsseinbußen für zwei Jahre ihre Arbeitszeit zu verringern.
Familienministerin Kristina Schröder (CDU) rechnet mit einem großen Erfolg der Neuregelung. Zahlreiche Unternehmen hätten bereits angekündigt, dabei mitzumachen. Das „innovative“ Modell von Union und FDP belaste nicht zusätzlich die Sozialsysteme, betonte sie in der Debatte.
Die Opposition kritisierte vor allem den fehlenden Rechtsanspruch. Es bleibe ganz im Ermessen des Arbeitgebers, ob dieser den Antrag genehmige. Ihre Redner sprachen von einem „kümmerlichen Vorhaben“. Schwarz-Gelb mache die Pflege zur reinen Privatsache.
Das Gesetz sieht vor, dass Beschäftigte für maximal zwei Jahre ihre Wochenarbeitszeit auf bis zu 15 Stunden reduzieren können, wenn sie einen nahen Angehörigen pflegen. Um Gehaltseinbußen abzufedern, ist eine Lohnaufstockung vorgesehen. Wer zum Beispiel befristet von einer Vollzeit- auf eine Halbzeitstelle wechselt, erhält unverändert 75 Prozent des letzten Bruttoeinkommens.
Nach Ablauf der Pflegephase und der vollen Rückkehr in den Beruf bekommen Beschäftigte allerdings weiter nur das reduzierte Gehalt, bis der gezahlte Vorschuss abgearbeitet ist. Wer die Regelung in Anspruch nimmt, muss zudem für diesen Zeitraum eine Versicherung abschließen. Damit sollen vor allem für kleinere Firmen die Ausfallrisiken im Falle einer Berufs- und Erwerbsunfähigkeit verringert werden. Die Prämien sollen bei etwa zehn bis 15 Euro im Monat liegen.
Den Vertrag über die Teil-Freistellung müssen Beschäftigte direkt mit ihrem Arbeitgeber schließen. Das Gesetz schafft dafür lediglich einen Rahmen.
Von den knapp 2,4 Millionen Menschen, die Leistungen aus der Pflegeversicherung erhalten, werden nach Angaben des Ministeriums mehr als 1,6 Millionen zu Haus versorgt - durch Angehörige und ambulante Dienst. 76 Prozent der Berufstätigen möchten demnach ihre Angehörigen so weit wie möglich selbst betreuen.