FDP lässt weiter die Muskeln spielen
Berlin (dpa) - Die FDP lässt nach ihrem Coup bei der Kandidaten-Kür für die Bundespräsidentenwahl weiter die Muskeln spielen und verärgert damit zunehmend die Union. FDP-Chef Philipp Rösler verteidigte am Wochenende seine spitzen Bemerkungen gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
FDP-Generalsekretär Patrick Döring sorgte mit seiner Forderung nach Überprüfung der Pendlerpauschale für ein neues potenzielles Streitthema. Die CSU will das Verhalten der FDP in der Koalitionsrunde am 4. März thematisieren.
Die SPD wittert unterdessen wachsende Chancen auf eine Ampelkoalition, falls es bei der nächsten Bundestagswahl 2013 für Rot-Grün nicht reichen sollte. Trotz des Gauck-Coups stagniert die FDP allerdings in der Wählergunst. Im „Sonntagstrend“ des Instituts Emnid im Auftrag von „Bild am Sonntag“ verharrten die Liberalen mit 3 Prozent auf dem Wert der Vorwoche.
Die FDP hatte Kanzlerin Merkel mit einer frühzeitigen Festlegung auf Joachim Gauck zur Zustimmung zum Präsidentschaftskandidaten von SPD und Grünen gedrängt. Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Holger Zastrow machte im Magazin „Focus“ deutlich, dass die Liberalen auch künftig ein unbequemer Koalitionspartner bleiben wollten. „Die Zeiten, in denen wir alles ängstlich abgesegnet haben, sind vorbei.“ Ähnlich äußerte sich Niedersachsens FDP-Wirtschaftsminister Jörg Bode im dpa-Gespräch: „Philipp Rösler muss Angela Merkel ja nicht mit Samthandschuhen anfassen.“
Rösler hatte am vergangenen Donnerstag mit Sticheleien gegen Merkel in der ZDF-Talkshow „Markus Lanz“ für Aufsehen gesorgt. Dort war er mit einem Frosch-Gleichnis aus seiner Parteitagsrede vom Mai 2011 konfrontiert worden: „Wenn Sie einen Frosch in kaltes Wasser setzen und langsam die Temperatur erhöhen, wird er zuerst nichts merken und nichts machen. Und wenn er etwas merkt, dann ist es zu spät für den Frosch.“ Auf die Frage, wann Frau Merkel bei der Kandidaten-Kür gemerkt habe, dass sie der Frosch sei, sagte Rösler: „Schätzungsweise bei der besagten Telefonschaltkonferenz des CDU-Präsidiums.“ In diese Sitzung ließ die FDP am vorigen Sonntag ihr Votum für Gauck platzen.
In der „Bild am Sonntag“ verteidigte Rösler seinen Talkshow-Auftritt: „Die Sendung war richtig. Ich wusste vorher, was ich überbringen wollte.“ Die FDP wisse jetzt, „dass sie einen Punkt gemacht hat“. Trotzdem solle in der Koalition nun ruhig weitergearbeitet werden.
Die Union hält den Eklat bei der Kandidaten-Kür aber noch nicht für abgehakt. „Die Frage des anständigen Umgangs in der Koalition gehört auf die Tagesordnung beim Koalitionsausschuss“, sagte CSU-Landesgruppengeschäftsführer Stefan Müller dem „Spiegel“. „Unsere Wähler erwarten, dass wir solide politische Arbeit leisten. Damit hatte das Verhalten der FDP bei der Präsidentenkür nichts zu tun.“
Ärger könnte es in der Koalition auch in Sachen Pendlerpauschale geben. Obwohl Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) eine Anhebung angesichts der hohen Benzinpreise bereits abgelehnt hat, drang FDP-Generalsekretär Döring im „Focus“ auf eine Prüfung. Der ADAC fordert eine Erhöhung von 30 auf 40 Cent je Kilometer.
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier machte im Deutschlandfunk deutlich, dass er sich auch eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP nach der nächsten Bundestagswahl vorstellen kann. „Warten wir mal ab, was sich da tut“, sagte er. Als die FDP 2009 eine solche Konstellation ablehnte, habe sie sich die derzeitige Situation noch nicht vorstellen können. „Das war die Zeit des Hochmutes.“