„Verbindliche Integration“ FDP will schärfere Doppelpass-Regeln

Berlin (dpa) - Die FDP dringt auf klare Regeln für „verbindliche Integration“ in Deutschland und will dafür Begrenzungen beim umstrittenen Doppelpass einführen. Auf ihrem Bundesparteitag in Berlin folgten die Delegierten dem Kurs der Parteispitze, das eigene Wahlprogramm in diesem Punkt zu verschärfen.

Foto: dpa

Nach drei Generationen einer Zuwandererfamilie müsste es also demnach eine Entscheidung zur Staatsangehörigkeit geben. „Die doppelte Staatsbürgerschaft soll wie bisher auch durch Geburt in Deutschland erworben werden können, allerdings bis maximal durch die Enkel der Ersteingebürgerten“, heißt es nun.

Die Parteiführung verwies auf die Praxis in modernen Einwanderungsländern wie Kanada. Ziel von Integration müsse sein, „dass Einwanderer zu Verfassungspatrioten werden und sich mit unserer offenen Gesellschaft identifizieren“, fordern die seit 2013 nicht mehr im Bundestag vertretenen Liberalen. Deutschland brauche „ein Einwanderungsgesetz und endlich auch ein modernes Staatsbürgerschaftsrecht aus einem Guss“.

Die Rufe nach strengeren Regelungen beim Doppelpass waren laut geworden, nachdem die in Deutschland lebenden Türken über das von Recep Tayyip Erdogan angestrebte umstrittene Präsidialsystem in der Türkei abgestimmt hatten. Mehr als 60 Prozent der türkischen Wähler hierzulande stimmten für Erdogans Pläne - dies wurde vor allem in der Union als Zeichen mangelnder Integration gewertet.

Nach einem Kompromissvorschlag von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) könnten spätere Kinder- und Enkelgenerationen wieder gezwungen werden, sich für einen von beiden Pässen zu entscheiden - dem ähnelt die neue FDP-Linie. Die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel verteidigte den Doppelpass gegen Kritik auch aus den eigenen Reihen. „Ein Türkischstämmiger mit Doppelpass kann ebenso loyal zu Deutschland stehen wie ein Türkischstämmiger, der nur die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt“, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Samstag).

FDP-Generalsekretärin Nicola Beer hatte im Vorfeld des Parteitags mit ihrem Vorschlag für Unruhe gesorgt, Bürger mit doppelter Staatsbürgerschaft sollten sich künftig festlegen, in welchem Land sie an einer Wahl teilnehmen wollen. Besonders aus den Reihen der Jungen Liberalen kam Kritik an dieser Einschränkung. Vor allem der FDP-Nachwuchs wandte sich auf dem Parteitag auch gegen die Verschärfungen im Wahlprogramm.

Beer hielt der großen Koalition vor, Chaos in der Einwanderungspolitik sei auch dafür verantwortlich, dass sich ein Bundeswehrsoldat als Flüchtling ausgegeben und entsprechende Sozialleistungen bekommen konnte. Dies sei möglich, weil der Informationsaustausch zwischen den Behörden nicht funktioniere.

Bildung und Digitalisierung standen als Schwerpunkte des FDP-Wahlprogramms am Vormittag im Mittelpunkt der Debatten des Parteitags. Die Liberalen wollen dem Bund mehr finanziellen Einfluss auf die Schulpolitik verschaffen, um das deutsche Bildungssystem in die Weltspitze zu führen. Bei einer Regierungsbeteiligung möchte die FDP erreichen, dass Deutschland seine Bildungsausgaben auf globales Top-5-Niveau steigert. Die notwendige Modernisierung würde „Länder und Kommunen allein überfordern“, heißt es im Bildungs-Teil des FDP-Programms.

Das im Grundgesetz festgelegte „Kooperationsverbot“ zur Stärkung der Länderkompetenzen für die Schulen soll nach Ansicht der FDP fallen. Die Finanzierung von Bildung müsse „eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“ werden. Mit einem Prozentpunkt vom bisherigen Mehrwertsteuer-Aufkommen, per Staatsvertrag zweckgebunden für Bildung, will die FDP einen Milliarden-Schub auslösen. Bisher steht Deutschland im Ranking der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bei den Bildungsausgaben nur im Mittelfeld.